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KAI WELLER bei DAMENUNDHERREN

Zwischen Bühnenbild, Verlies und Beobachtungsstation: Die klinischen Höllen, die zu den bevorzugten Sujets von Kai Weller gehören, lehnen sich an jene Tierkäfige an, die in allen Zoos Europas mehr oder weniger kunstvoll eingerichtet werden und die Illusion eines natürlichen Lebensraums vorgaukeln. Für seine Ausstellung bei damenundherren entfernt Weller die Tiere aus seinen Gemälden und behält die Räume.

Unsere Freunde die Tierfreunde sollten es also nicht missverstehen: Diese Bilder sind keine Anklage gegen die Tierhaltung und ihre politische Motivierung ist eher verhalten. Diese Bilder sind der Vorwand einer prinzipiellen Beschäftigung mit dem Raum. Für den Wahlberliner Kai Weller, der eigentlich Philosophie studiert hat und sich seit anderthalb Jahren ausschließlich mit Malerei auseinander setzt, ist die malerische Praxis eine Möglichkeit, das Spannungsfeld zwischen Gegenständlichkeit und Struktur zu erfahren.

Foto: Kai Weller

Denn, trotz des klaren Bekenntnisses für das Reale und trotz des leichten Hangs zur Erzählung, der sich hinter diesen stillen Interieurs verbirgt, ist Wellers Kunst eher auf die Konfigurierung einer inneren Raumstruktur angelegt als auf die Erzeugung einer Stimmung. Seine Malerei ist in erster Linie Konstruktion – nicht Licht, nicht Farbe – sondern logische Entfaltung der Fläche in den Raum, sowie die Brechung dieser Logik. Trotz des ausgearbeiteten kühlen und aseptischen Zustands dieser Zellen, fungieren die gemalten Käfige nicht als expressive Orte, sondern sind die Medien einer Reflexion (und eines Spiels) mit dem und in den Raum.

Foto: Kai Weller

Die Räume von Kai Weller speichern weder Geschichten noch Erinnerungen, sie laden sich nicht mit Emotionen auf, sie erzeugen keine Atmosphäre – oder diese Atmosphäre ist nur ein Nebenprodukt – und sind nicht die onirischen Spielplätze von Träumen, Fantasien und Wünschen. Zumindest in dieser Hinsicht unterscheidet sich Wellers Projekt von denen eines Neo Rauch, Matthias Weischer oder Daniel Richter, die den Künstler besonders beeindruckt haben. Anders als diese illustren Vertreter der Neuen Leipziger Schule, fokussiert sich Weller auf die Räume selbst und verzichtet weitestgehend auf Narrativität.

Foto: Kai Weller

Dabei nutzt er die heterotopische Qualität der bemalten Vivarien und Käfige voll aus, die zwischen absurden Landschaften ohne Natur und kranken Stillleben ohne Leben schwanken. In diesen illusorischen Attrappen baut er schwarze Löcher, inszeniert kleine Strudel, installiert optische Widersprüche und destabilisiert mit wenig Mühe das Raumgefühl. Er manipuliert also. Diese Ver-rückung des Realen schafft eine „Belebung des Todes“, wie Weller selbst formuliert, die jedoch nicht im surrealistischen Sinne zu verstehen ist. Die leblosen Gegenstände werden zu Teilen eines dynamischen Systems gemacht, das aus Spannungslinien, Ausgleichsbereichen, Verbindungsgliedern und Störfeldern besteht.

Man merkt dieser Malerei deutlich an, dass sie zerebral gesteuert ist. Man merkt auch an manchen Stellen, dass diese Malerei noch reifen muss. Dass, zum Beispiel, eine Differenzierung der wiedergegeben Texturen ihr gut tun würde, dass eine breitere, reichere Palette den Reiz steigern und dass eine aufmerksamere Beachtung der Lichtkomponente ihre Effekte noch intensivieren könnte. Kurz gesagt: Das intellektuelle Vergnügen einer Dechiffrierung der Ambivalenzen, das Weller in seine Malerei streut, benötigt noch einen adäquaten Körper, einen sinnlichen Gegenpart, der aus diesen reinen Denkspielen hochkomplexe und spannende Objekte machen würde.

Kai Weller
Kai Weller bei damenunderren
„Das innen im außen“
Oberbilker Allee 35
14.05.2011 – 27.05.2011
www.damenundherren.de