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THE GREAT NATIONS OF EUROPE im WP8

Trotz der Neueröffnung der Filmwerkstatt und der Bemühungen der Black Box ist Düsseldorf immer noch keine richtige Kinostadt geworden. Neben diesen zwei Institutionen gibt es hier kaum Raum für experimentelle Filme. Die Videokünstlerin Susanne Fasbender, die mittlerweile in der Stadt etwas wie eine One-Woman-Vermittlungsinstanz in Sache Kunstfilm geworden ist, versucht immer wieder im Alleingang das hiesige Angebot zu verbessern. Sie zeigte am vergangenen Samstag ihre letzten Entdeckungen im WP8.

Ihre stetigen Filmrecherchen, kombiniert mit ihrem aktuellen Interesse an die riots in London und Birmingham, führten dazu, dass Fasbender sich in letzter Zeit ganz auf Großbritannien konzentriert hatte. Sie hat an diesem Abend über ein Dutzend Beiträge ganz unterschiedlicher Herkunft und Natur zusammen gestellt und präsentiert. Dabei war die Fasbendersche Auswahl wider Erwarten kein eklektizistisches Potpourri, sondern eine gut gemischte und abwechslungsreiche Folge, die einheitlich wirkte. Die Vorliebe der Künstlerin für politische und soziale Themen diente als roter Faden der Vorstellung.

Fintan D. Ryan: Press Conference

Es überwogen also dokumentarische Kurzfilme, deren Sujets mal sachlich-distanziert (Esther Johnson), mal intim-erzählerisch (Louis Henderson) behandelt wurden. Und zwischendurch ein paar pädagogische Einschübe, um die eigenartige und komplexe politische Struktur der britischen Krone zu verstehen – ein irrwitziges Konstrukt, das den rasanten Animationsfilm von C.G.P. Grey zu entwirren versucht.

Oliver Braid: The Craft

Noch zu sehen: Übergewichtige Schauspieler-Amateure, die mit den billigsten Mitteln ihren Lieblingsfilm in irgendeiner öden Vorstadt nachdrehen und aus einem normierten Hollywood-Produkt eine persönliche, wenn auch lausige Interpretation machen – Appropriation Art von der Basis aus (Oliver Braid). Zwei enttäuschende Videos von PJ Harvey, die in ihrem letzten CD-Projekt mit England und den Engländern abrechnet und dabei nichts anderes als platte Klischees aneinander reiht.

Sam Holden: Hector and me

Und weitere bizarre und eigenwillige Typen, die ihren eigenen Weg gehen und zu kleinen, lebendigen Denkmälern gegen die Systemkonformität gemacht werden – wie dieser schräge Leguan-Liebhaber, der in einer kleinen Wohnung mit seinem riesigen Tier namens Hector lebt (Sam Holden). Oder ein sympathisches aber widerspenstiges Pärchen im besten Alter, das einen angeordneten urbanen Umstrukturierungsplan nicht akzeptiert und, mitten in einer Ruinenlandschaft, den Abrissbaggern trotzt (Tim Brunsden).

Anita Ponton: The Siren Song

Die einzigen Exkurse zu Formen, die sich vom sozial-dokumentarischen Tonfall distanzierten, waren die Filme von Fintan D. Ryan und die Interpretation von Anita Ponton; eines Auszugs des legendären Scum-Manifesto von Valerie Solanas – deren deutsche Übersetzung übrigens von Susanne Fasbender kongenial vorgetragen wurde.

WP8
Kölner Str. 73
www.wp8.org