Vera Lossau und Maren Maurer im Raum für Kunst

Wie konnte das denn bloß passieren? Das Show-Room-Projekt von Matthias Emtges, schlichtweg „Raum für Kunst“ genannt, war uns bisher entgangen. Dabei existiert der kleine Raum in Oberkassel seit über zwei Jahren. Und zeichnet sich mit einem konsequenten und schlüssigen Programm aus. Die aktuelle Präsentation im Raum für Kunst bringt Vera Lossau und Maren Maurer zusammen.

Die zwei Künstlerinnen, die hier bereits jeweils eine Einzelausstellung hatten, haben die Show gemeinsam konzipiert – eine vernünftige Angelegenheit angesichts der gedrängten Maßen des Raumes – und beziehen sich auf A Room of One’s Own, einem Text von Virgina Woolf. Ein Stapel von fotokopierten Exemplaren des Büchleins begrüßt den Besucher direkt am Eingang der gefühlten 20 m² des Ortes.

Wer sich darauf einlässt und die Hefte durchblättert, wird immer auf Stellen stoßen, die Lossau und Maurer jeweils unterstrichen haben. Ein eigenes Zimmer, wie die deutsche Fassung des Buches heißt, handelt von dem freien Raum, den sich Künstlerinnen und Autorinnen erkämpfen müssen. Damit ist jener physische Raum gemeint, der zur Produktion einer künstlerischen Leistung notwendig ist; selbstverständlich ist hier aber auch der psychische und geistige Raum intendiert, den Frauen zu Woolfs Zeit nur umständlich für sich gewinnen und gestalten konnten. Dass die Hommage an die britischen Autorin von zwei zeitgenössischen Künstlerinnen in einem Raum namens Raum stattfindet, erscheint ja… angemessen.

Der Ausgangspunkt ist also eine Reflektion der Bedingungen einer schöpferischen Tätigkeit aus weiblicher Perspektive; und Gott sei Dank wird dieses schwerfällige (wenn auch legitime) Sujet nicht allzu stringent behandelt. Lossau und Maurer hantieren nicht mit der pädagogischen Keule, sondern interpretieren die Arbeit und Haltung von Virginia Woolf auf differenzierte und persönliche Weise. Der Raum ist intelligent bespielt und ausgewogen verteilt. Während Lossau streut, unterschiedliche Ebenen okkupiert und vorhandene Einrichtungselemente in ihre Intervention integriert, konzentriert sich Maurer auf eine Wand.

Vera Lossau: o my dog

Die Arbeit von Vera Lossau weist diese sonderbare Mischung aus Humor, Sarkasmus, poetischer Feinheit und latent kritisch-entblößender Haltung auf, die wir bereits in anderen Zusammenhängen gesehen und gemocht hatten. Ihr präziser Blick verweilt auf banalen Situationen mit lachhaftem Potenzial und transformiert sie dank einer unmerklichen Verschiebung in existentielle Metaphern. Wie in ihrer Videoarbeit o my dog, in der die (nicht immer geglückte) Dressur von Hunden zu einer ebenso irrwitzigen wie auch leicht deprimierenden Angelegenheit gemacht wird. Bello muss zwar nicht ganz über seinen Schatten springen, das Durchbrechen des Rings of Fire evoziert jedoch einen dramatischen rite du passage, der, um das Groteske der Situation zu vollenden, von einer verzerrten und debil klingenden Fassung von Amazing Grace begleitet wird.

Vera Lossau: o.T.

Auch eine wunderbar kleine, zierliche, fragile Plastik aus Zinkguss hat Lossau im Raum platziert. Zwei verbrannte Streichhölzer, die sich vorsichtig umringen wie Balletttänzer, sind auf einem überdimensionalen Sockel befestigt worden. Die Vanitas-Symbolik gepaart mit der erloschenen Dynamik dieser zwei winzigen Objekte hat etwas Rührendes und Herzbewegendes – ohne sentimental zu wirken. Aber als ob sie sich fürchten würde, schmalzig zu wirken und ins Pathetische zu verfallen, demontiert Lossau die Sensibilität ihrer Arbeit und verpflanzt sie auf einem betont klotzigen Sockel, der die hochfeine Poesie bewusst und gezielt monumentalisiert – und dadurch bricht. Ist das eine Maßnahme der Selbstironie, um den Hang zur Romantik zu verbergen?

Mauren Maurer: Triangle I-III

Die wohl bekannteste Anekdote über Virginia Woolf betrifft ihren Besuch des hochgesicherten und geheimen Kriegsschiff Dreadnought: Mit ein paar anderen Freunden schminkte und verkleidete sich die Schriftstellerin zu einem orientalischen Diplomat und erhielt einen würdevollen Empfang der britischen Marine auf dem Schiff. Maren Maurer erwähnte diese Geschichte, als sie mit mir über ihre neueste Assemblage Triangel I-III sprach. Zu sehen waren drei eingerahmte Dreiecke, die auf einem grünlichen Mantelstoff hingen. Je nach Orientierung seiner Spitze ist das Dreieck entweder das Symbol der Dreifaltigkeit oder ein Zeichen, das an weibliche Geschlechtsteile erinnert. Maurer, die sich in ihren letzten Arbeiten mit der modischen, gesellschaftlichen und politischen Tragweite der Intimfrisur beschäftigte, hat sich hier für die sexuelle Orientierung der Form entschieden – also mit der Spitze nach unten – und das Innen des Dreiecks mit unterschiedlichen Texturen und Strukturen belebt.

Das Sichtbarmachen des Intimen, auch in ihrer kodierten Ausprägung, das Umkehren des innen nach außen, die Tarnung (der Stoff, der als Rahmen der drei eingerahmten Bilder diente, evozierte ein Camouflage) und das Thematisieren der Weiblichkeit waren die offensichtlichen Bezügen zu Woolf und zur Dreadnought-Episode. Der Clou der Assemblage war ihre unsichtbare Komponente: Hinter dem Stoff verbarg sich nämlich eine Tür. Und im Zusammenhang mit der sexuellen Konnotation der Arbeit bekam diese Tür eine starke Präsenz, die das Ensemble noch aufwertete. Unwillkürlich müsste ich an das letzte Werk von Marcel Duchamp denken.

Marcel Duchamp: Etant donné...
Marcel Duchamp: Etant donné...

Alles in allem also eine feine, ausgewogene und intelligente Ausstellung, die sich zwar schnell erfassen lässt, doch Einiges an Aufmerksamkeit fordert. Mit seiner Wahl hat Matthias Erntges hier zweifelfrei eine gute Hand aufgewiesen. Ohne Allüre investiert der eigentliche Kulturmanager viel Zeit und Geld in ein idealistisches Projekt, das langfristig konzipiert ist. Kein Glam-Faktor, kein aufgeblasenes Ego und Kommunikationsterror auf die sozialen Netzwerken, aber ein Programm, das, jenseits jenes kommerziellen Druckes, eine  Möglichkeit zum Experimentieren ermöglicht. Das spricht sich herum: Dass Erntges mit Künstlern kooperieren darf, die in manchen namhaften Galerien vertreten sind, ist als Zeichen der Anerkennung und des Vertrauens zu bewerten. Außerdem gehört er möglicherweise zu den letzten Kuratoren auf Erde, der Einladungskarten zu seiner Ausstellungen mit handgeschriebenen Adressaten und auf postalischem Weg versendet… Das nennt man Stil.

Vera Lossau
Maren Maurer
Raum für Kunst
Sonderburgerstr. 2
D’dorf-Oberkassel
www.raumoberkassel.de

Verstecken und Entdecken zu den Kunstpunkten 2011

Kunst und künstlerisches Schaffen hat immer auch etwas mit dem bürgerlich geprägten ‚Märchen vom Entdeckt werden‘ zu tun. Darin wirkt der Künstler Jahrzehntelang unbeirrt im stillen Kämmerlein vor sich hin, bis eines Tages endlich der Durchbruch und die damit verbundene finanzielle Entlohnung für all die Mühen der durchlittenen Armut kommt.
Und wir wollen Ehrlich sein, es ist nicht einfach sich von dieser Wunschvorstellung zu befreien – denn wer wünscht ihn sich nicht, den Sechser im Lotto.

Doch es ist zu einfach, sich diesem hartnäckigsten aller Mythen des Kunstsystems mit abgeklärtem Spot anzunähern. Wer sich mit dem Prozess des künstlerischen Schaffens Abseits des Glamours beschäftigt, der merkt sehr schnell wie prekär die Arbeits- und Lebensumstände oftmals sind. So braucht es wirklich nicht viel Phantasie um sich auszumalen wie empfänglich mancher dort für Märchen wird.

Und während etwa der Akademie Rundgang in Düsseldorf jedes Jahr – mittlerweile eigentlich fast ausschliesslich – die Aura der sexyness und coolness junger, aufstrebender Kunststars versprüht, bieten die Kunstpunkte oftmals einen Blick auf die andere Seite ein und des selben Systems.
Denn in zahlreichen, offenen Ateliers ist die Symbiose aus Warenfetisch und Kunstwerk offensichtlich nicht geglückt. Und so sind die gebotenen Einblicke  für den sensiblen Betrachter in vielen Fällen auch mit einer gewissen Tragik verbunden, die der Erkenntnis entspringt, dass all zu vielen Künstlern der große Durchbruch für immer versagt bleiben wird.

Wobei die Tragik ja nicht darin begründet liegt, dass es dem Künstler oder der Künstlerin nach gängigen gesellschaftlichen Vorstellungen an Erfolg mangeln würde. Die Tragik basiert eben vielmehr darauf, dass der zugrundeliegende Mythos an zu vielen Orten offensichtlich nicht entzaubert und kein adäquater Umgang damit gefunden wurde.

Ein weiter Weg

Das war jetzt zugegeben recht Weit ausgeholt, für einen Beitrag, in dem es eigentlich um einige Bilder eines einzigen Atelierbesuches anlässlich der Kunstpunkte 2011 geht.
Aber es passt dann doch, denn der Weg zu diesem Ort war ebenfalls lang und führte auf ziemlich verschlungenen Wegen durch das irgendwie doch recht eigenartige Terrain Oberkassels.

Und natürlich geht es hier nicht ohne Grund um Entdecken oder Verstecken und damit verbundene Erfolge und Mißerfolge. Denn bei den Künstlern die sich am hintersten Ende der Böhlerwerke, ganz am Ende von Oberkassel, am Rand von Düsseldorf eingerichtet haben, war die oben beschriebene Tragik trotz der offensichtlichen Abgeschiedenheit nicht zu erkennen. Denn der abgelegene Ort auf dem Werksgelänge erschien nicht als Verbannung oder als ein Abgeschoben-und-von-der-Welt-vergessen sein, vielmehr hatte es etwas von einem gut behüteten Rückzugsgebiet. Die abgelegene Ecke erscheint dem Besucher als ein Ort der überhaupt nicht darauf aus ist entdeckt zu werden. Um so schöner wenn es einen über lange Umwege dann doch dorthin verschlägt.

Und jetzt die Bilder.

Hansaallee 321, Ateliergemeinschaft auf dem Gelände der Böhler Werken

Julia Alberti, Annette Gut, Sigrid Haun, Martin Lampe und Marta Pankratova sowie Michaela Masuhr

Werkstattausstellung

Martin Lampe

entzaubert Künstlermythen und entgeht der Tragik


Museum im Koffer [MiK.]

Sigrid Haun

Weitere Bilder ohne Kommentar

Arbeiten verschiedener Künstler, deren Namen gerade leider nicht zur Hand sind.

KUNSTPUNKTE 2011: FOTOSAFARI TEIL II – Update

Same procedure as last week. Unser bravouröses Team kennt kein Wochenende und schwitzt oder macht sich nass um Bilder der Kunstpunkte 2011 zu fangen. Wie bereits erwähnt: Folgende Fotostrecke ist das Produkt einer unsystematischen, nicht-selektiven Jagd.

Indes erscheint ein Fazit der diesjährigen Veranstaltung nicht einfach. Geklagt wurde in zahlreichen Ateliers über den niedrigen Zulauf, mit einem geschätzten Rückgang der Besucherzahl von bis 50% im Vergleich zum letzten Jahr. Ein paar Künstler waren auch über den wahrgenommenen, stetigen Qualitätsverlust der Kunstpunkte verärgert. Und auch uns erschien es, als seien mittlerweile doch ein wenig zu viele Bastler, Kunstkrempel-Produzenten, Hobby-Maler und kreative Hausfrauen ins Boot gesprungen. Manche Ateliers erinnerten doch leider sehr an Weihnachtsbuden oder Schulkirmess-Stände, mit Früchtetee und erschwinglichem, selbstgemachtem Buntkrams als an richtige Produktionsstätten der Kunst – hier besteht die Gefahr längerfristig die Seriosität und Relevanz des Projektes in Frage zu stellen. Mehr denn je zuvor vernahmen wir während unserer Tour Künstlerstimmen, die eine Selektion der Teilnehmer forderten.


URSULA STRÖBELE UND GÄSTE

 

JOHN DUNN

URSULA STRÖBELE

HERBERT WILLEMS

SUSANNE FASBENDER

JOCHEN SAUERACKER

NICOLE MORELLO

NORIKA NIENSTEDT

MICHAEL JONAS

JOACHIM STALLECKER IM RAUM FÜR MALEREI

MARKUS KOTTMANN

Foto: Sabine Krogel
Foto: Sabine Krogel

AXEL HIPPE

SYLVIE HAUPTVOGEL

DANIELA S. BAUMANN

CHRISTA VON SECKENDORFF

ISABEL OESTREICH IM PLAN.D.

MAUDE MARIS

SYBILLE BERKE

JAN KOLATA

SOHEI HASHIMOTO

ANJA GARG

Peter Schmidt

KENNT POLEN KEIN OFF?

Dank eines Austauschprogramms des Adam-Mieckiewicz-Instituts habe ich die Chance und die Ehre gehabt, eine Woche lang in Polen mit einer kleinen Gruppe von Künstlern und Kuratoren zu verbringen. Das Programm war sehr reichhaltig – und ich habe trotzdem jede Lücke genutzt, um mehr über die polnische Off-Szene in Erfahrung zu bringen. Dabei bin ich zu ersten Erkenntnissen gekommen: Polens Künstler sind nicht auf die Alternative erpicht.

In Warschau

Warschau, Lodz und Krakau waren die drei Stationen einer Studienreise, die hauptsächlich aus Galerien- und Museenbesichtigungen sowie aus Gesprächen mit  einheimischen Kuratoren, Institutionsleitern und wenigen Künstlern bestand. Ich könnte hier im Allgemeinen über die erstaunliche Vitalität und das unleugbare Selbstbewusstsein eines Kunstbetriebes berichten, das sich clever zwischen Osten und Westen zu positionieren weiß, will aber der Prägnanz halber nur auf die Aspekte eingehen, die mit einer selbstorganisierten Künstlerschaft zu tun haben.

Łódź Kaliska, Jahrgang 1988

Da ich mit sehr beschränkten Vorkenntnissen der dortigen Verhältnisse auftrat und nicht wirklich hoffte, zufällig dem Herz der Warschauer Subkultur zu begegnen, begann ich direkt, bei Kuratoren, Künstlern und Museumsleitern systematisch nachzufragen. Und bekam da von allen Seiten die gleiche Antwort: Es gibt momentan in Polen keine erwähnenswerte Off-Szene. Damals, ja, vor der Wende, als die furiosen Neo-Dadaisten der Gruppe Łódź Kaliska noch für Zensur sorgten und nicht zur Touristenattraktion verkommen waren (www.lodzkaliska.pl)… Damals, ja, da war etwas, das die Idee einer selbstorganisierten, nicht-institutionellen Kunstszene noch vertrat. Aber heute… Nein, heute sei es entschieden anders.

Jeder Befragte versicherte mir, dass es in Polen so gut wie keine Off-Szene in den Bildenden Künsten gibt. Die meisten von ihnen, wenn auch gut informiert, vernetzt und in ständigem Austausch mit der lokalen Kunstszene, konnten mir keine Hinweise auf eine einigermaßen strukturierte Alternative geben. Adam Mazur, Kritiker und Kurator im Centrum Sztuki Współczesnej, im Schloss Ujazdowski und einer der führenden (Vermittler-)Köpfe der polnischen zeitgenössischen Kunst, gab mir auch direkt zu Anfang eine gute Erklärung: Den Künstlern geht es in Polen zu gut. Eine zynische Antwort?

Das Centrum Sztuki in Warschau mit einer künstlerischen Intervention

Nach Mazur haben die meisten jungen Künstler in Polen keine Zeit und keine Lust, sich am Rande des etablierten Kunstbetriebes zu organisieren – denn sie werden von Anfang an Bestandteile des Kunstbetriebes. Mit 24, 25 Jahren wird der Nachwuchs direkt von der Kunstakademie abgeholt und vor das Publikum gezerrt. „Es gibt überall im Land junge Kuratoren, die nur noch nach jüngeren Künstlern Ausschau halten und diese schnell lancieren wollen“, erzählte mir Mazur, dessen Worte von einem – tatsächlichen sehr jungen – Kurator an seiner Seite bestätigt wurden. Die Sammler und die Institutionen seien so scharf auf neue Positionen, dass es keine Notwendigkeit zur Selbstorganisation, hieß es. Polen, das Schlaraffenland für zeitgenössische Künstler? Es kann sein, dass Mazur das Bild ein wenig zu kontrastreich zeichnet, aber, angesichts der vielen Bestätigungen seiner Kollegen, muss etwas Wahres dran sein.

Das MS2 in Lodsz. It's so professional.

Was passiert aber mit denjenigen, die nicht direkt in das System integriert werden und nicht früh gepflückt werden? Denn letztendlich wird nicht jeder Absolvent einer Kunsthochschule zum gefeierten Nachwuchskünstler der Nation gekürt. Gründen sie dann Künstlergruppen und erobern sie auf eigener Faust Ausstellungsräume, um ihr Schicksal ein wenig auf die Sprünge zu helfen? Versuchen sie, ihre Arbeit an die Öffentlichkeit zu bringen? Nein – diese Unglücklichen, so meine verschiedenen Quellen einhellig, arbeiten weiter vor sich hin und schlagen sich mit Gelegenheitsjob durch. Die Vorstellung, selbstständig initiativ und zu einem Unternehmer seines Selbst zu werden sei ihnen völlig fremd. Mit der stoischen und gleichgültigen Resignation eines Oblomov, warten sie.

Das frisch eröffnete Mocak in Krakau

Und was passiert aber mit denjenigen, die aus ideologischen und idealistischen Gründen entschieden haben, die Alternative zu wählen? Was ist mit den Querköpfen, die die Regeln des herrschenden Kunstbetriebs nicht akzeptieren? Die gibt es einfach nicht, so Mazur weiter. Die jungen, polnischen Künstler suchen das System anstatt es umzugehen. Sie wollen die  Integration, die offizielle und kommerzielle Anerkennung und interessieren sich für diese Chimäre namens „Selbstbestimmung“ (ein sehr westliches Konzept) keineswegs. Ein wenig enttäuscht fing ich langsam an, mich mit der Tatsache abzufinden, dass es in Polen keine nennenswerte Off-Szene gibt.

Kurz vor meiner Abreise jedoch, als ich an einem Abend in Lodz (die polnische Hauptstadt des Theaters und eine Hochburg des Films) herumspazierte, entdeckte ich in einem Innenhof eine Szenerie, die mich wieder an eine selbstorganisierte Künstlerschaft hoffen ließ. Dort fand eine  Gruppenshow statt, die in Zusammenarbeit zwischen der Kunsthochschule von Lodz und Krakau entstanden war. Im Jazzga (eigentlich eine Musikkneipe) und in dessen Vorhof wurden fünf Leinwände auf Behilfsgerüsten gespannt, um Filme und Videoloops zu projizieren. Gezeigt wurden kurze, vorgefundene Filmsequenzen, die die Studenten jeweils verarbeitet hatten – es war also eine akademische Übung, dessen Ergebnissen an einem unakademischen Ort präsentiert wurde.

Loopimy sie hieß die Show –  ein Wortspiel, dass, neben der Loop-Komponente, ein bisschen klingt wie „wir mögen uns“ oder „wir starren“. Interessante, wenn auch nicht weltbewegende Beiträge, tolle Location, extrem angenehme Atmosphäre. Das Ganze wurde von Łukasz Ogórek und Ola Knychalska organisiert. Ich habe da einige Menschen kennen gelernt, die mir zwar bekräftigt haben, dass die artists-runned-spaces in Polen nicht gerade wie Pilze aus dem Boden schießen, mich aber trotzdem an weitere Projekten dieser Art verwiesen haben. Darauf werde ich zu einem späteren Zeitpunkt zu sprechen kommen.  Also gibt es doch eine aktive Szene am Rande der Institutionen und des Kommerz.

KUNSTPUNKTE 2011: FOTOSAFARI TEIL I

Das Wetter war am Samstag zu schön, am Sonntag zu schlecht – und Sie haben die Kunstpunkte verpasst. Gut, dass es uns gibt. Trotz des akuten Personalmangels und eines sehr begrenzten Zeitfensters haben wir ein paar Eindrücke von der alljährlichen Veranstaltung eingefangen, während dessen die gutwilligen Düsseldorfer Künstler ihre Ateliertüren öffneten. Hier eine unkommentierte, unselektierte und systemfreie Bildreihe. Nächste Woche geht es weiter…


MARTINA ROSENKRANZ

DIETER MARSCHALL

KARL ARNOLD

KLAUS KLINGER (FARBFIEBER e.V.)

SEBASTIAN KALITZKI

HANNE HORN

BIRGIT HUEBNER

CHRISTA K. GATHER

ULRICH-GERHARD SCHABBRAK

ABDELHADI EL AIDI

MASAMI TAKEUCHI

FRANZISKA VON HASSELBACH

HIROYUKI MASUYAMA

MASANORI SUZUKI

AXEL BRANDT

Im Vordergrund: Ludwig Sapper

LUDWIG SAPPER

STEFANIE PÜRSCHLER


JUNE PEACH AKA. DAGMAR BECHHAUS

EVA WEINERT

CHRISTEL BLÖMEKE MIT SCHÜLERN EINES RATINGER GYMNASIUMS

MARTIN STEINER

JENS BUHL

Netznachbarn – eine virtuelle Rundschau

In unregelmäßigen Abständen präsentieren wir hier augewählte Links zu lokalen Onlineprojekten, die #irgendwasmitkunstundoff zu tun haben oder die wir eben sonst einfach geil finden. Im Januar hatten wir einen Artikel zum Kölner Musik-Magazin Netlabelism.com, dieses Mal ist das Spektrum weiter gefasst.

Los geht es heute mit einem Blog über Mode, Film und Architektur, dann folgen gleich drei Künstlerplattformen aus Düsseldorf und der Blick auf eine relativ junges Projekt, einen Veranstaltungsblog mit der Möglichkeit Termine selber eintragen.
Als nächstes ein Link zu einem schönen, aber derzeit ruhenden Projekt aus dem Umfeld der Kunstakademie.
Dann noch der Hinweis auf eine ortlose Netzradiostation aus Köln-Mühlheim sowie auf ein, aus Düsseldorf stammendes, Projekt zu Klangkunst und Musik.
Zum Abschluss dann bildende Bildkunst: ein fotografische PolaroidArchiv im Netz.

Mode, Film und Architektur

Ein Düsseldorfer Blog welcher zwar der Mode verpflichtet ist, aber als Inspirationsquelle Film und Architektur angibt, die Grenzen also bewusst überschreitet, interessiert uns natürlich. Zumal die Architektur hier eben nicht nur als schicke Bühne für Modeshootings herhalten muss, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Sujet beabsichtigt ist.
Über die Qualität der Auseinandersetzung kann und will ich hier kein Urteil abgeben, da weder Architektur, noch Mode, am ehesten dann vielleicht noch Film zu meinen Fachgebieten zählen.
Deshalb bitte einfach selber klicken, hier geht es zum aktuellesten Artikel.

Künstlerplattformen in und aus Düsseldorf

Weiter geht es mit zwei, respektive drei, derzeit im Aufbau befindlichen Kunst/Künstlerplattformen aus Düsseldorf. Eigentlich hatte ich sogar noch ein viertes Projekt dieser Art entdeckt, finde aber leider den Link nicht wieder.

Als erstes also das Projekt von Sven Blatt www.kunstduesseldorf.de.
Er definiert das Projekt selber wie folgt „KunstDuesseldorf  ist eine offene, interaktive Plattform für alle, die sich mit dem Thema KUNST beschäftigen: Künstler, Ateliers, Galerien, Veranstalter, Kunstliebhaber etc. Die Nutzung dieses Portals ist kostenlos.
Das Projekt ist nach wie vor lebendig, wird betreut und regelmäßig aktualisiert, könnte aber mal einen etwas potenteren Server vertragen. Der Zugriff auf die Seite ist zuweilen leider doch recht langsam.

Eine weitere Kunstplattformen mit ähnlichem Erscheinungsbild (düster-dunkel) befindet sich unter www.duesseldorfer-kuenstler.de.
Das Projekt ist ein Gemeinschaftsprojekt von Dr. Eve Sattler, Joe Hennig, Tobias Basan und Vera Sattler. Die Initiative möchte gemeinsam die Arbeit in Düsseldorf ansässiger Künstler durch Information, Austausch und Vermittlung zum Publikum unterstützen.

Zu guter Letzt, das derzeit wohl ambitionierteste Projekt: Qjubes die Kunstplattform. Qjubes ist zwar nach wie vor in der Testphase, das Anmelden und Ausprobieren ist aber bereits möglich. Qjubes ist ein Projekt von Philipp Gürtler und Walter Padao. Der ein oder andere Leser wird die Beiden womöglich als Organisatoren des Provisionären Salons kennen. Zusätzlich zu der, noch im Aufbau befindlichen, Community gibt es seit einigen Monaten den Qjubes-Blog. Der Blog wird von Sven Grünwitzky und Philipp Sternfels redaktionell betreut und bringt zur Zeit regelmäßige Berichte über Kunst und Ausstellungen aus Düsseldorf und Berlin.

Studentenzeitung und Veranstaltungsblog

Ein eigentlich sympathisches, aber leider derzeit sehr stilles Projekt ist dasZeitung, ein Blog mit Veranstaltungshinweisen aus dem Umfeld der Kunstakademie. Wie gesagt derzeit nix los, deshalb auch kein Bild, aber wer weiß, eventuell kommt da ja noch mal was. Wir behalten mal ein Auge drauf.

Nun der Hinweis auf die leerseite.com, eine kleines, feines und kluges Projekt, das schnell erklärt ist: leerseite.com ist ein Veranstaltungskalender bei dem man nach kurzer Registrierung selber seine Termine einstellen kann.
Eine gute Idee einfach umgesetzt. Einziges Manko ist derzeit, es werden leider nur Bilder und keine Texte angezeigt. Für die Indizierung durch Suchmaschine ist das suboptimal, für einen Veranstaltungskalender ist das nicht unbedeutend. Es wäre also sicherlich eine gute Investition dem Projekt bei Gelegenheit mal ein Texteingabefeld zu spendieren.

Zum Abschluss Ton und Bild

Jetzt noch ein kurzer Blick den Rhein aufwärts nach Köln, denn dort hat sich im Frühjahr 2011 das Projekt muelgrimeradio.de gegründet. muelgrimeradio.de ist ein Internetradiosender mit Schwerpunkt auf elektronischer Musik. Die Macher sind zumindest in Teilen mit der Kölner Netlabelszene verbunden, die gespielte Musik ist aber nicht auf Netlabels beschränkt.

Das besondere an dem Projekt ist, es gibt kein zentrales Studio. Die Sendungen werden täglich von anderen Orten in Köln-Mülheim aus gefahren.

Zurück in Düsseldorf führt uns der nächste Klick dann zu jahrgangsgeraeusche.de, einem Projekt von Axel Ganz. Axel Ganz bringt dort schon seit einiger Zeit diverse Bereiche der zeitgenössischen Musik und Klangkunst zusammen und verbindet diese redaktionelle Arbeit mit dem, von ihm selber fortgeführten Klangarchiv.
Hier sammelt er Töne und Geräusche von unterschiedlichen Orten und bietet sie im MP3-Format unter cc-Lizenz zum freien Download an. Das stöbern lohnt, es finden sich Skurilitäten wie die Lautsphäre einer Bibliothek neben dem Geräusch klappernder DVD-Cases. Eine tolle Sammlung die hoffentlich noch lange fortgeführt wird.

Wir enden mit dem Bild, oder besser gesagt mit den Bildern eines Bildarchivs, bestehend aus Polaroidportraits Düsseldorfer Künstlern aus der Zeit von 1977 bis 1992: www.polaroidsammlung.de/.
Zum ersten mal bin ich zu später Stunde im WP8 auf das Projekt aufmerksam gemacht worden. Durch Zufall kam ich mit Gunnar Tjaden, dem verantwortenden Künstler ins Gespräch, und auf einmal standen wir vor dem türkisfarbenen Apple neben dem WP8-Tresen. Gunnar war so nett und zeigte mir die Webseite während er mir die Hintergründe erzählte und den ein oder anderen intimen Einblick in das Projekt und zu denPersonen gewährte.
Wie gesagt, es war schon spät und so sind sicherlich einige wichtige Information im Nebel der Erinnerung verschwunden. Wenn ich mich recht entsinne, gab es aber wohl Überlegungen von Seiten eines Museums die Arbeit anzukaufen, leider weiß ich nicht was daraus geworden ist.

Das war es für heute. Weitere Links und Informationen zu Projekten im Netz die #irgendwasmitkunstundoff zu tun haben, bitte gerne per E-Mail an florian.kuhlmann (at) vierwaendekunst.de oder einfach unten in die Kommentare.

Danke fürs lesen und bitte bleiben Sie an den Apparaten!