ENTHUSIASM II im Düsseldorfer Schauspielhaus

Ein Bildbeitrag von Sirin Simsek (Köln und Düsseldorf)

Text: John Copy und Bob Paste

Die Enthusiasm-Reihe ist ein Echoraum für künstlerische und politische Avantgarden. Enthusiasm ist das Theater oder nicht.

1962 fand in Düsseldorf eine Revolution statt. Im Schulterschluss und Streit mit seinen Freunden Paik, Constant, Cage, Novalis und anderen entwickelte Carlheinz Caspari seine Denkarchitektur LABYR: ein Utopia, das jede Vorgabe ablehnt – und in radikaler Gegenwärtigkeit Kunst, Architektur, Politik, Philosophie als untrennbare Einheit denkt. LABYR ist Labor (Tätigkeit, Produktion) und Labyrinth (Unübersichtlichkeit, Zufall, Anarchie), in dem jeder Akteur und Zuschauer ist.


Enthusiasm II ist eine Labyrbegehung oder auch nicht. 17 Künstler, Performer, Artisten suchen nach der Labyrgesellschaft 50 Jahre nach Fluxus und 200 Jahre vor New Babylon. Es geht um nichts oder um die Veränderung der Welt. Der aktuelle Labyrbedarf ist gewaltig: Anfang der Sechzigerjahre fand in Düsseldorf keine Revolution statt.

Mit: Mary Bauermeister, Ellen Caspari, Wilfried Dörstel, Ludwig Haugk, Markus Herse, Christian Jendreiko, Andreas Korte,Marie Milbacher, Thorsten Nolting, Christian Posthofen, Kevin Rittberger, Celine Schäfer, Elena Schmidt, Stefan Schneider, Julia Stoschek, Stefan Werni, Volker Zander

Venus und Apoll – Ortsbegehung

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

Auch an Mut fehlt ihr nicht. Julia Stoschek hat sich mit ihrer auf Film- und Videokunst fokussierten Sammlung binnen weniger Jahre einen Namen in dem internationalen Kunstbetrieb gemacht. Ihr junger und hochkarätiger Kunstbesitz, der seit 2007 in einem burgähnlichen White Cube (eigentlich einer Black Box) auf der Schanzen- straße zu bewundern ist, sowie die regelmäßigen Screenings, Performances und Events, die dort stattfinden oder stattgefunden haben, haben die Düsseldorfer Kunstlandschaft unheimlich bereichert. Die Frau hätte sich mit diesen Errungenschaften begnügen und weiterhin ihre Zeit zwischen Kunstmessen, Galerien, VIP-Empfängen und der eigenen Sammlung verbringen können.

Aber nun dass die Maschinerie der Sammlungspräsentation perfekt läuft und dass sich etwas wie der Anfang einer Routine einstellt, sucht die Umtriebige eine neue Herausforderung. Und diese musste natürlich weit weg von dem Glamour und von der Perfektion ihrer natürlichen Umgebung gefunden werden. Der Worringer Platz schien dabei ein geeignetes Terrain, um mit neuen Formaten zu experimentieren und die (ohnehin einiger- maßen vorhandene) Bindung an die junge, unabhängige lokalen Kunstszene zu verstärken.

Nach zähen Verhandlungen gelang es Stoschek, die Räume eines ehemaligen russischen Kosmetikstudios (das eher als Kulturzentrum der anderen Art zu bezeichnen wäre) zu mieten. In der in Venus und Apoll unbe- nannten Lokalität sollen ein Jahr lang Konzerte, Performances, Gesprächsrunden und Filmscreenings präsentiert werden. Anders als die bisherigen aufwendigen Events der Julia Stoschek Collection sollen die Projekte hier relativ schlicht bleiben und unvermittelt über die Bühne gehen.

Die Idee stand von Anfang an fest: Man übernimmt die Räume wie sie sind, renoviert nichts und macht einfach Programm. Nichts gestalten, nichts anrichten, nur machen – eine angenehme Herangehensweise. Daher gab es bei der Ortsbegehung am vergangenen Samstag einiges zu erkunden. Die ehemalige Ladenbesitzerin hatte dort im Laufe der Jahre einen verwinkelten Beauty-Palast mit Ost-Block-Touch aufgebaut und dieser war noch in seinem ursprünglichen Charme zu erleben. Vor allem der Gang in das Untergeschoss erwies sich als eine Reise in eine andere Dimension des Geschmacks. Auf einem mit Mickey-Mouse-Masken gezierten Massage- raum folgten einen Nagelstudio mit kitschigen Harlekin-Posters oder eine Friseur-Abteilung, aufgehübscht mit karnevalesken Überbleibseln und den abgerissenen Doppelseiten erotischer Magazine.

Zwischendurch eine rot bemalte Kammer mit schrägen Dächern, eine merkwürdige Wasserstelle am Ende eines langen Korridors oder ein grell beleuchteter, befleckter, verließartiger Raum, dessen Funktion schleierhaft blieb. Daneben ist Guantanamo ein Holiday-Inn; Gregor Schneider kann wieder einpacken.

Das Erdgeschoss bietet seinerseits eine sehr große Fläche, bestens für Konzerte, Lesungen oder Partys geeignet. Eine Bar wurde improvisiert und die vorhandene Bühne benutzt. Eine Party wollte die Eröffnungsfeier allerdings nicht wirklich werden. Nach einer nicht besonders originellen Darstellung der postpubertären Band Beefy Arms Spring Break (Zusammenfassung: Schall und Rauch), legte Andreas Korte auf; aber anstatt zu tanzen wollte das Kunstvolk lieber draußen rauchen und klönen. Das funktionierte sehr gut – wenn Venus und Apoll die Geselligkeitsfunktion übernimmt, die wg3zikb nun nicht mehr erfüllen kann, dann ist die hiesige Künstlerschaft gerettet.

Allerdings zeigte Düsseldorf an diesem Abend früh genug sein wahres Gesicht: Um Punkt 22:40 Uhr (es war Samstag!) kam die Polizei und bat darum, die Bässe runter zu drehen. Diese Stadt hat ihre Künstler nicht verdient.

Es soll trotzdem weiter gehen: Der nächste Termin ist der 13. April, zum Screening von Filmen des britischen Filmemachers John Smith. Im Mai gibt es die Katalogpräsentation der aktuellen Ausstellung, zu der begleitend einen Film von Ben River gezeigt wird. Wir werden mit Sicherheit dabei sein und berichten.

 

 

Ein Facebook Interview mit Philipp Meier – 96 Jahre Dada

Das Cabaret Voltaire in Zürich ist ein legendärer Ort. Von Hugo Ball und Emmy Hennings am 5. Februar 1916, also heute vor 96 Jahren gegründet, ging von dort einer der einflussreichsten künstlerischen Impulse des 20. Jahrhunderts aus. Im Umfeld des Cabaret Voltaire entwickelte sich DADA und verbreitete sich dann rasend schnell über den Globus. New York, Paris, Berlin und Köln wurden im Zuge dieser revolutionären Entwicklung zu weiteren wichtigen Zentren dieser Idee.
„Im Wesentlichen war es eine Revolte gegen die Kunst von Seiten der Künstler selbst, die die Gesellschaft ihrer Zeit und deren Wertesystem ablehnten. (Wikipedia) „.
Für all die Leser, die die damit verbundenen Ent- und Verwicklungen noch mal kurz auffrischen möchten, bietet der verlinkte Wikipedia-Artikel einen brauchbaren Einstieg in die kurze Geschichte des DADA.

2004 besetzte die Künstlergruppe Kroesus erneut das Gebäude in der Spiegelgasse 1 in Zürich und knüpfte damit an die Geschehnisse zu Beginn des letzten Jahrhunderts an. Mittlerweile wird das Cabaret Voltaire durch die beiden Co-Direktoren Adrian Notz und Philipp Meier geführt und durch die Stadt Zürich und private Förderer unterstützt. In letzter Zeit gab es im Cabaret Voltaire mehrere Projekte und Veranstaltungen mit dem Ziel die Idee DADA weiter zu denken und sich mit der Frage zu beschäftigen was DADA heute sein könnte.
Wir haben uns mit dem Co-Direktor Philipp Meier über die vergangenen und aktuellen Projekte per Facebook-Timeline unterhalten. Das Gespräch ist so weit möglich in der Originalfassung belassen worden. Die Einschübe einiger, Ihnen eventuell unbekannter, Autoren sind Facebook-Freunde des Cabaret Voltaire, die sich so an dem Gespräch beteiligten.
Wir wünschen viel vergnügen beim Lesen.
Kurz lebe ADAD!

96 JAHRE DADA – A COFFEEBREAK OF A REVOLUTION

voina und philipp meierdie russische kunstaktivistengruppe voina und philipp meier im cabaret voltaire

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Guten Morgen Düsseldorf, guten Morgen Welt.

Zack! oder besser zoooooschhhh! Denn schon wieder ist eine Woche vergangen, wir alle einmal mehr 7 Tage älter und auch die Erde hat sich ein kleines Stückchen weiter um die Sonne gedreht.
Und trotz eines so galaktischen Starts in diesen Artikel, will mir heute Morgen keine vernünftige Über- bzw Einleitung zum Clip in die Wochen einfallen.

Deshalb jetzt einfach kurz und schmerzlos, heute gib es was für unsere Film- und Alphabetfreunde: Ein Kurzfilm von Evan Seitz mit dem treffenden Titel ‚ABCinema‚.

Wieviele Filmtitel erkennen Sie?
Ist nicht so wichtig. Kommen Sie gut in die neue Woche.

Evan Seitz
ABCinema‚, 2012

(via)

Kunst im Knast – Ausstellung in der Ulmer Höh

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

Demokratie bizarr: Freiwillig und gut gelaunt scharen sich die Menschen vor dem Portal, um in die JVA eintretten zu dürfen. Die Warteschlange war am vergangenen Samstag Nachmittag über Hundert Meter lang. Vorausgegangen war anscheinend eine gute PR-Arbeit, die den natürlichen Voyeurismus unserer Gattung geschickt kitzelte. Wann werden wir die nächste Gelegenheit bekommen, einen solchen Ort zu betreten? fragte ein Organisator die Besucher, die von der langen Wartezeit entmutigt waren.

 

Zu den Entmutigten gehörte ich übrigens. Die Vorstellung, unendlich lange warten zu müssen, um ein reales Gruselkabinett von Innen zu erleben fand ich etwas pervers und absurd. Ausserdem bin ich kein Freund von Sneak-Previews. Unwissend über die Qualität der Ausstellung und nicht gerade bereit, ein Nachmittag  für schlechte Kunst zu opfern, machte ich kehrt.

Am nächsten Tag war ich in der Früh wieder da. Es war kurz nach 10, fantastisches Wetter, kein Mensch auf der Straße. Ideale Bedingungen, könnte man meinen. Doch die Schlange war immer noch da. Ob Sie vor Ort gezeltet hätten?, fragte ich dem Mann vor mir. Nein; und er würde nur seit 30 Minuten warten, es wären aber bereits 200 Personen im Haus und mehr dürften momentan nicht eintreten.

Das war mir erneut zu doof. Ich gab endgültig auf. Ich hätte gerne für die Leser unseres Magazins berichtet, aber der Preis war zu hoch.

Deshalb den Aufruf:

WER WAR IN DER AUSSTELLUNG UND WER MÖCHTE SEINE EINDRÜCKE UND EIN PAAR BILDER AUF PERISPHERE TEILEN? Beiträge, klein oder groß, sind willkommen: redaktion (at) perisphere.de

wg-Auflösung

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

Markus Ambach und Birgit Jensen (Foto: Jörg Weule)

Es wurde kein pathetischer Abschied; es gab keine rückblickende Rede mit Tremolo-Stimme, keine Lebewohl-Gesänge mit hoch gehaltenen Feuerzeugen und keine Tränen in den Augen von Birgit Jensen und Markus Ambach. Aber alle waren sich einig: die wg hinterlässt eine Lücke. Ein Mal pro Monat trafen sich in dem Malkasten Künstler, Wissenschaftler, Galeristen und andere kreative Geister auf der Suche nach einer anregenden Kultur der Gastlichkeit und des Austauschs. Aus der gesamten Bundesrepublik und aus dem Ausland kamen die eingeladenen Gäste, um über ihre Arbeit zu sprechen, um Musik aufzulegen, Performances durchzuführen, Vorträge zu halten, Truthähne zu backen und Wein auszuschenken. Mit der Tradition der wg3zikb verschwindet ein lokales Kulturgut, das in Düsseldorf keine Äquivalenz kennt.

Feldforschung Abendbrot (Foto: Birgit Jensen)

Dabei sind weder Birgit Jensen noch Markus Ambach die Kräfte ausgegangen. Vielmehr merkten die zwei Künstler, dass neun Jahre genug waren. Geboren wurde das Projekt aus einer Notwendigkeit. Die Notwendigkeit, den in die Jahre gekommenen Malkasten-Verein durch eine energische Zellenkur zu erneuern, jüngere Künstler zu aktivieren und die hervorragenden Räume im Jacobihaus zu nutzen. Mit der großen Unterstützung des Vereins entstand ein Ort der Geselligkeit und der Kommunikation; und das Veranstaltungsformat, das sich im Laufe der Zeit etablierte, hat nicht an Frische verloren.

Ingke Günther (Foto: Birgit Jensen)

 

Feldforschung Abendbrot (Foto: Birgit Jensen)

Für die Dernière wurden vier Gäste eingeladen. Wie Jensen schelmisch bemerkte, berichtete der eine über das, was er gemacht hat, der andere über das, was er nicht gemacht hat und der dritte über das, was zu machen ist. Die vierte Partei bildeten Jörg Wagner und Ingke Günther, die mit ihrer Feldforschung Abendbrot ein deutsches Phänomen untersuchen, das vom Aussterben bedroht ist – eben: das Abendbrot – und die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten dieser Gattung präzise analysieren. Die Künstler schmierten an diesem Abend Domino-Brote und wiedersprachen damit dem guten, alten deutschen Spruch, wonach man nicht mit dem Essen spielen darf.

(Foto: Birgit Jensen)

 

Fritz Balthaus (Foto: Birgit Jensen)

Aus Berlin war Fritz Balthaus angereist und präsentierte in seinem Vortrag „Lassenmüssen“, eine Kompilation seiner Projekte im öffentlichen Raum, die aus welchem Grund auch immer nie durchgeführt wurden. Eine schöne Form des Recyclings für gescheiterte oder totgeborene Projekte.

Volker Lang (Foto: Birgit Jensen)

Der Hamburger Volker Lang präsentierte im Gegenteil seine Realisierungen und erörterte also, was er aktuell macht. Der Bildhauer bezieht Literatur in seine Arbeit ein und verwandelt das gesprochene Wort zu einem plastischen Bestandteil seiner skulpturalen Praxis.

Stefan Saffer (rechts hinter dem Apfel) (Foto: Birgit Jensen)

Stefan Saffer schließlich erläuterte was zu tun ist und präsentierte dem gutgelaunten Publikum seine ästhetisch-philosophische Betrachtungen „Aus Schirnaidel“.

(Foto: Birgit Jensen)

Trotz der relativ emotionalen Zurückhaltung der letzten Feierlichkeiten, soll es noch ein Abschiedsfest geben. Voraussichtlich am Ende des Jahres wird eine Publikation zu den vielfältigen Tätigkeiten des wg3zikb erscheinen – ein Anlass, um auf die schönen Jahre anzustoßen. Und vielleicht haben sich bis dahin unternehmungsfreudige und ideenreiche Nachfolger gefunden. Wer die wg3zikb in dieser oder einer anderen Form wieder aufleben lassen möchte, soll sich nun erheben…

Wie Birgit Jensen sagte: „Wir hoffen, dass wir etwas gesät haben und das bald etwas entstehen wird“

Franziska von Stenglin in der Treppenhausgalerie

Das Presse- und Informationsamt in Frankfurt verfügt über ein Treppenhaus, das sich mittlerweile zu einer Galerie der besonderen Art etabliert hat. Seit 19 Jahren nehmen dort Künstler der Stadt die Herausforderung an und zeigen ihre Arbeit in einem Ort, der nicht gerade einfach zu bespielen ist. Die aktuelle Präsentation von Franziska von Stenglin heißt Himmel und Abgrund so nah und geht sowohl auf die spezielle räumliche Situation als auch auf die Frankfurter Hochhaus-Landschaft ein.

von Havva Erdem (Frankfurt / Main)

 

(der an der Eingangstür beigefügte Text der Künstlerin)

„Sie blieb einen Moment stehen, bevor sie die glänzende Lobby betrat.

Sie war kaum einen Kilometer weit gelaufen, aber es fühlte sich an wie eine ganz andere Welt. Sicher würde es Leuten, die hier arbeiten, nicht anders gehen, wenn sie den Fluss überqueren würden.

Die Lobby war sehr großzügig, hell und sauber, dass sie sich auf einmal ihrer eigenen Erscheinung bewusst wurde. Sie trat an die Rezeption, stellte sich vor und fragte nach der Person, deren Namen man ihr genannt hatte. Der Rezeptionist wählte eine Nummer und gab ihr ein plastikumhülltes Namensschild.

Sie setzte sich in einen, wie sie feststellte, Le Corbusier-Sessel und schaute sich um. Überall Dreiecke. Die Deckenplatten waren dreieckig, die Fliesen auf dem Boden, selbst der Aschenbecher stand da wie eine Pyramide.

Männer und Frauen eilten an ihr vorbei. Nach einer Weile erschien ein junger Mann. Er trug einen schwarzen Anzug, der aus einem leicht glänzenden Material gemacht war, und spitz zulaufende schwarze Schuhe. Er musste etwa in ihrem Alter sein. Gemeinsam gingen sie durch die Barrieren, die ihr Gastgeber mit einer Chipkarte öffnete.

Sie waren allein, der Fahrstuhl war nur für Gäste reserviert. Sie schossen hoch in das 43.Stockwerk. Eine Seite des Fahrstuhls war aus Glas. Die Stadt verschwand fast lautlos unter ihr, man hörte nur die Luft, die ihren Druck veränderte.

Der Fahrstuhl öffnete sich. Drei Sicherheitsmänner standen an der gegenüber liegenden Wand der Halle, die vor ihnen lag. Sie lief hinter dem jungen Mann her, die drei Sicherheitsmänner folgten ihr. Sie durchquerten verschieden kleine Konferenzzimmer, alle nach Opern benannt: Aida, Lohengrin, Don Giovanni. Sie fragte sich, ob einer wohl „Cosi fan Tutte“ hieß (So machen sie es alle).

 

In jedem Zimmer stand ein Konferenztisch und weitere Corbusierstühle. Die Wände den Türen gegenüber bestanden immer komplett aus Glas, so dass sie weit in die Ferne blicken konnte. Sie trat an das Fenster hean bis sie fast am Abgrund stand, nur das dicke Glas trennte sie. An den Wänden zur rechten und zur linken hingen großformatige Farbfotographien und oder großformatige, bunte Gemälde.

Sie gingen weiter. Der junge Mann führte sie in einen Raum, der wohl das Hauptkonferenzzimmer sein musste. Er war fünfmal so groß wie die anderen und hatte runde Wände. Der riesige Tisch hatte ein Loch in seiner Mitte. An der Wand hing eine große Weltkarte. Sie fand, dass es wie das Natohauptquartier aussah.

Die Männer blieben an der Türe stehen, während sie sich umsah. Nach einer Weile suchte sie sich einen Punkt am Fenster aus. Sie stellte ihr Stativ auf die Fensterbank, montierte ihre Kamera darauf und richtete sie gen Himmel. Sie zog ihren Belichtungsmesser hervor und hielt ihn ans Fenster, änderte die Einstellungen ihrer Kamera und drückte auf den Auflöser.

Auf dem Weg zurück hinunter war der Fahrstuhl etwas voller, die Sicherheitsmänner begleiteten sie. Dieses Mal bemerkte sie, dass sich auf jedem zweiten Stockwerk ein kleines Schild befand, dass auf eine Eiswürfelmaschine hinwies. Der Klang des Luftdrucks hatte sich umgekehrt.

Die Stadt eilte ihr entgegen.“

 

Franziska von Stenglin wurde 1984 in München geboren, wuchs in Afrika, Indien und Deutschland auf und studierte Fotografie in London. Zur Zeit absolviert sie die Städelschule in der Klasse von  Simon Starling.

 
Franziska von Stenglin
„Himmel und Abgrund so nah“
8.11.2011-31.03.2012
Mo-Fr 8.00-18.00 Uhr
Treppenhausgalerie im
Presse- und Informationsamt
Römerberg 32
60311 Frankfurt am Main

An den Rändern der Kunst im MAP

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

Ein Heimspiel für Markus Ambach

Markus Ambach öffnet seinen Raumtriptychon zur nächsten großen Show und widmet sich sieben unabhängigen, langfristig angelegten Künstlerprojekten. An den Rändern der Kunst ist so etwas wie eine Liebeserklärung an die autonomen Kunsträume und an die freie Kunstszene. Wie ein Entomologe auf der Suche nach seltenen und fragilen Spezies, hat Ambach im Laufe seiner zahlreichen Reisen artists run spaces und Off-Räume besucht und z.T. in seine eigene Projekte einbezogen. Diese Bekannt- und Freundschaften aus Berlin, Sydney, Tokyo, Stuttgart (und natürlich aus Düsseldorf) präsentiert er nun im MAP.

SITEmagazine
SITEmagazine

Dabei operiert Ambach weder kommentierend noch wertend. Er schenkt jedem Projekt ein bisschen Raum und Aufmerksamkeit und schafft dadurch eine hervorragende Informationsstation zu einigen ausgewählten Off-Projekten. Aus der Düsseldorfer Umgebung sind alte Bekannte wie das SITEmagazine dabei. Die zwei Herausgeber Ralf Brög und Petra Rinck (letztere konzentriert sich seit 2010 um ihre Galerie auf der Ackerstraße) haben elegante Raumteiler geschaffen um ihre Künstlerzeitschrift in die Dreidimensionalität wirken zu lassen. An den Rändern… war für sie auch die Gelegenheit, das neue Format Site XF zu präsentieren, das als Hybridform zwischen Magazin, Katalog, Multiple und Ausstellung oszilliert.

singleclub
singleclub
singleclub

In seiner Bemühung, die junge Generation der Düsseldorfer Off-Szene an sein Haus zu binden, hat Ambach den Mann hinter dem bereits legendären singleclub eingeladen. Alexander Wissel, der hier nicht mehr vorgestellt werden muss, stellt einige Reliquien seines Langzeitprojektes singleclub aus: mehr oder weniger gut erhaltene Elemente der vergangenen Veranstaltungen, allesamt von befreundeten Künstlern hergestellt. Die Dekorationsstücke und Ausstattungsobjekte unterhalten interessanterweise auch im ramponierten oder bruchstückhaften Zustand ihre Ambiguität zwischen autonomen Kunstwerk und angewandter Gebrauchskunst. Diejenigen, die den singleclub nur als ausgelassene arty-party kennen, werden sich hier mit der nächsten Phase Wissels vielschichtigen Konzeptes beschäftigen können.

Sammlung Karl Heinz Rummeny

Wenn man unbedingt auf Stringenz setzt, kann man die Präsentation der Sammlung Karl Heinz Rummeny als kleine konzeptuelle Entgleisung auffassen. Der Düsseldorfer Rummeny, der vor fünfzehn Jahren mit Gregor Russ und Jost Wischnewski das Parkhaus gründete – und nun seit vier Jahren das Projekt allein weiter führt – hat mittlerweile den Ruf eines erstrangigen Entdeckers und Ermöglichers erlangt. Wie viel junge Talente, kurz vor dem Sprung in den kommerzielle Kunstbetrieb stehend, hat er schon in dem kleinen, dunklen und feuchten – aber atmosphärisch starken – Raum im Malkasten-Garten präsentiert? Ambach hat ihn allerdings nicht als Parkhaus-Verantwortlicher und wichtiger Akteur der hiesigen Off-Szene eingeladen, sondern als Kunstsammler. Rummeny steht nämlich seit 25 Jahren in Kontakt mit internationalen Künstlern, manche namhaft, andere weniger, und hat eine feine Sammlung von meist leichten und fragilen Papierwerken angelegt. Es sind Briefe, Postkarten, schnell durchgeführte Skizzen oder illustrierte Widmungen, die vom Freundschaftsverhältnis des Ausstellungsmachers mit Leuten wie Gilbert & George bezeugen. Die Dokumente sind wertvoll, z. T. sogar aufschlussreich (und es ist eine große Chance, sie überhaupt wahrnehmen zu dürfen); hier aber verschwindet das Projekt Parkhaus hinter seinem Betreiber.

Bezeichnenderweise wurde die Wahl der nicht-Düsseldorfer Off-Spaces auf Projekte gelegt, die sich spezifisch mit urbanistischen Fragen auseinandersetzen und auf Probleme der Privatisierung, bzw. der Gentrifizierung oder der Wiederaneignung des öffentlichen Raums eingehen – und sich damit genau mit Ambachs eigenen Themenschwerpunkten decken. Das Stuttgarter Büro für transdisziplinäre Forschung und Kulturproduktion, das derzeit von Yvonne P. Doderer geführt wird, hinterfragt beispielsweise die Relevanz und Wirksamkeit der Zivilgesellschaft in urbanistischen Entscheidungsprozessen – mit dem Fall Stuttgart 21 als brisanter Hintergrund.

Abseits eines reinen analytischen Ansatzes, greift das in Berlin basierte Projekt KUNSTrePUBLIK frech und direkt in das Geschehen ein und eignet sich den zur Verfügung stehenden Stadtraum wieder an. Die Gruppe hat einen „Skulpturenpark“ auf einer Brache eingerichtet und dort, ohne Absprache mit dem Besitzer, verschiedene Aktionen durchgeführt. Das situationistisch angehauchte Projekt stellt den spekulativen Umgang mit Lebensraum in Frage und demontiert gleichzeitig die Vorstellung einer „demokratischen“, allen zugänglichen Kunst.

Bill + George

Bill + George ist ein von elf australischen Künstler betriebener Off-Raum in Redfern, einem Stadtteil von Sydney, der hauptsächlich von Aborigenes bewohnt ist. Der Ort, einst als heruntergekommener Umschlagplatz für Drogen und Treffpunkt der Kriminellen verrucht, wird nun von den lokalen Kreativen und Hipstern kolonisiert. Bill + George geht auf diese Situation ein und organisiert diverse Aktionen im öffentlichen Raum, schafft Kommunikationsräume, setzt in agitatorischen Performances starke Zeichen und geht bis zur Besetzung repräsentativer Gebäude, um auf die Gentrifizierung aufmerksam zu machen.

M. Ichimura und T. Ogawa

Eine ähnliche Dynamik finden wir beim Projekt Enoaru Cafe wieder. Im großen Tokyoer Yoyogi Park hat sich eine Siedlung von Obdachlosen niedergelassen und lebt seit längerer Zeit unter blauen Zelten. Mitten in diesem „blauen Dorf“ haben die Künstler Misako Ichimura und Tetsuo Ogawa eine Bar der anderen Art gegründet. Dort bekommt man gegen einer Lebensmittel- oder Sachspende einen Tee und kommt in direkte Berührung mit Künstler, Spaziergänger und Obdachlosen. Vertreter aller Bevölkerungsschichten treffen sich hier zum Zeichnen und Verweilen; es entsteht einen Raum des Austauschs und der Kommunikation, der in der wenig porösen japanischen Gesellschaft selten zu finden ist.

Weil sie nie als Gruppenausstellung durchzugehen versucht, erweist sich An den Rändern der Kunst als angenehm unaufdringlich und informativ. Das Format ist zwar nicht sonderlich überraschend, aber die Abfolge von Projektpräsentationen, die zum Teil mit den Modi der dokumentarischen Ausstellung kokettieren, wirkt solid und angemessen. Und eine klare Vermittlung der Inhalte ist in diesem Fall allemal besser als eine verspielte räumliche Inszenierung. Wie die letzten Shows an diesem Standort bestätigt haben, taugen es die schwierigen Räume für Gruppenausstellungen eh nur bedingt. Von daher ist die konzeptuelle und formelle Zurückhaltung der aktuellen Präsentation eine wahre Wonne.

An den Rändern der Kunst
im MAP – Markus Ambach Projekte
vom 36.3-5.5.2012
Bachstr. 139-143
40217 Düsseldorf
Tel. (0049) 0211-15927623

 

Guten Morgen Düsseldorf, guten Morgen Welt!

Vergangene Woche waren wir auf Achterbahnfahrt im sonnigen Buenos Aires, diese Woche geht es im Kurhaus Weissbad ein klein wenig statischer, aber kein bißchen weniger vergnüglich zur Sache.

Roman Signer hatte dort 1992 die im nachfolgenden Video zu sehende Maschinerie installiert.
Wir wünschen auch dieses mal viel Vergnügen beim Anschauen und Ihnen einen guten Start in die Woche. Genießen Sie den Frühling, ärgern Sie sich nicht zu viel und bleiben Sie gesund.

Roman Signer, Aktion Kurhaus, 1992
Kurhaus Weissbad, Kanton Appenzell

Weitere Infos zu Signer und seinen Arbeiten gibt es auf seiner Webseite.
Noch mehr wunderbare Videos finden Sie auf youtube.

Yasutake Iwana im reinraum

Die rötlichen, fantastisch-naiven Bilder des Yasutake Iwana waren uns letzte Woche bereits bei der Eröffnung der sog. Gästezimmer in der Hans Peter Zimmer-Stiftung  aufgefallen. Arbeiten aus der gleichen Serie sind zum gleichen Zeitpunkt im reinraum zu sehen. Das onirische Universum des Künstlers findet in dem ehemaligen öffentlichen Klo einen bizarren Konterpart. Nach einer sehr kurzen Ausstellung sind die verträumten Gemälde zum letzten Mal am Mittwoch zu erleben.

 

 

 
Yasutake Iwana im reinraum
Ausstellung am 2., 7., 14 und 21.3. jeweils v. 19.30-22 Uhr
am 21.3.2012 Finissage mit Künstlergespräch
reinraum
Aderstraße 30a
40215 Düsselodrf

Maurizio Cattelan goes Off

Bekanntlich verkündete Maurizio Cattelan kurz nach seiner Ausstellung im Guggenheim Museum im vergangenen Jahr, dass er seine Künstlerkarriere nun endgültig an den Nagel hängen werde. Sein Werk müsse in Zukunft ohne ihn klar kommen, ganz so als sei er bereits verstorben.
Egal was nun aus dieser Ankündigung wird, völlig wird unsere kleine, feine Branche aber wohl doch nicht auf ihn verzichten müssen. Im Januar 2012 eröffnet er gemeinsam mit dem italienischen Kurator Massimiliano Gioni die nicht kommerziell und experimentell ausgerichtete Gallerie family business in New York. Das Projekt ist nicht das erste gemeinsame Ausstellungsprojekt der Beiden, bereits 2002 startete das Künstler-Kuratoren-Duo  – ebenfalls in Chelsea – die Wrong Gallery.

family business – die Tür

Photo © Micah Schmidt

Außenansicht familiy business– Vorbereitung zur ersten Show, Photo: Micah Schmidt

Die neue Galerie family business öffnete ihre Pforten am 16. Februar 2012 mit der Ausstellung ‚Virgin‚. Die Ausstellung wurde von Marilyn Minter kuratiert, die dort ihr Kuratorendebut hatte, es wurden nur Künstler gezeigt, die zuvor noch nie in New York zu sehen waren und zusätzlich spielte die Band ‚the virgins‘ – so langsam dürfte dann auch klar sein woher der Ausstellungstitel rührt.

familiy business – virgins – Ausstellungsansicht

familiy business – virgins

Am 3. April geht es nun mit der Show „ITSA SMALL, SMALL WORLD“ weiter. Diese wird  von unserem Bekannten, dem Künstler Hennessy Youngman, kuratiert. Das besondere an seinem Ausstellungskonzept ist, jeder darf mitmachen. Einzige Voraussetzung zur Teilnahme ist, dass die Arbeit zwischen dem 30.03. und 01.04.2012 in die Galerie gebracht wird.

Hennessy schreibt dazu auf seiner Youtube-Seite:

„THIS GROUP EXHIBITION I’M PUTTING ON IS CALLED „ITSA SMALL, SMALL WORLD“ AND BASICALLY, IF YOU CAN GET YOUR ARTWORK DOWN TO FAMILY BUSINESS AT 520 W. 21ST ST. IN CHELSEA NYC, DURING THE ALLOTTED DROP OFF DATES, YOU’RE IN THE SHOW. SIMPLE ASS SHIT. NO ONE IS TURNED AWAY. I DON’T CARE WHERE YOU LIVE, IF YOU CAN GET YOUR ARTWORK DOWN TO FAMILY BUSINESS, THEN YOU’RE IN THIS EXHIBITION. IT’S MY WAY OF GIVING BACK TO/ AND THANKING THE INTERNET FOR SUPPORTING AND WATCHING MY SHIT.“

Alles weitere im Video.

Weitere, ausführliche Infos, zu den Formalitäten und Daten stehen unter seinem Video auf Youtube.

Wir sehen und in New York!

 

(via artinfo, artobserved & vulture.com)

Back from Japan in der HPZ-Stiftung

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

Mit der Eröffnung der Ausstellung „Back from Japan“ scheint Con-Sum endgültig gestorben zu sein – auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis die Düsseldorfer sich an den neuen Namen gewöhnen. Die Lokalität an der Ronsdorferstraße, die einige legendäre künstlerische Aktionen und Projekte beherbergte, ist vielen in der Stadt noch bekannt. Auf Initiative ihres Inhabers Hans Peter Zimmer wurde  dort in den 80er  Jahren eine ehemalige Backfabrik in ein pulsierendes Zentrum für Kultur umgebaut. Unter dem Namen Con-Sum wurden ca. 70 Musikstudios sowie zahlreiche Künstlerateliers und Arbeitsräume für Architekten, Modemacher und Fotografen eingerichtet. Nach dem Tod von Zimmer (der die Gefahr der Gentrifizierung an diesem Standort vorausgesehen hatte und die geschichtsträchtige Substanz  sowie die kulturelle Vielfalt des Hofes aufrecht erhalten wollte), wurde auf seinen Wunsch hin die Hans Peter Zimmer-Stiftung gegründet.

Seit wenigen Monaten hat die Institution ihre offizielle Arbeit  aufgenommen und konzentriert sich zunächst auf die Sparten Bildende und Darstellende Kunst. Mit dem Künstler Wolfgang Schäfer an ihrer Spitze wurden bereits manche Weichen gestellt. So wird anstatt eines Zweckes (wie bei jeder Stiftung üblich) eine „Mission“ kommuniziert, und diese liegt in der „Gewissheit eines uns alle verbindenden universellen geistigen Potentials“ – eine in der gegenwärtigen Kunstwelt unübliche Selbstdefinierung. Wer übrigens bei dem Begriff „Mission“ an den wenig glorreichen Ausweitungsdrang des Christentums denkt, wird möglicherweise an dem benannten „universellen geistigen Potential“ zweifeln. Mit dieser Einstellung sticht jedenfalls die HPZ-Stiftung aus der dichten Düsseldorfer Kunstszene heraus und behauptet so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal.

Katja Stuke
Katja Stuke

Weil die Stiftung noch nicht vollständig gewachsen und in erster Linie von der Persönlichkeit von Wolfgang Schäfer geprägt ist, steht sie unter dem Einfluss des Künstlers. Letzterer macht ein Programm aus seinen persönlichen Vorlieben und drückt seinen Stempel auf  die Institution. Genauso verhält sich übrigens jeder künstlerische Leiter eines kleinen bis mittelgroßen Hauses; daran ist nichts auszusetzen. Die starke subjektive Bindung der HPZ-Stiftung an Schäfer (und vice-versa) erklärt jedenfalls die Themenwahl von Back from Japan: Da kehrt der Japan-begeisterte Schäfer aus dem Land der aufgehenden Sonne zurück und, noch unter dem Eindruck der dortigen Kultur, bringt in Düsseldorf einige japanische und deutsche (deutsche, aber japanophile) Künstler zusammen.

Yasutake Iwana
Yasutake Iwana
Im Zimmer von Yasutake Iwana

Dabei ist diese sehr persönliche deutsch-japanische Brücke längst nicht alles: Mit der Veranstaltung wurde vor allem ein wichtiger Bestandteil der Stiftung eingeweiht. Nach einer lange Phase des Umbaus wurden nämlich sieben Gästezimmer offiziell eröffnet. Diese stehen künftig für eingeladene Künstler zur Verfügung, die ihre Arbeit in der HPZ-Stiftung realisieren sollen. Der intelligente und nüchterne Umgang des Architekten – Jochen Weyer – mit dem Raum wurde an dem Abend genauso goutiert wie die Kunst selbst.

Die Präsentation der Wohn- und Arbeitsräume wurde dabei geschickt inszeniert. Anstatt einer platten Wohnungsbesichtigung, transferierte Schäfer die Ausstellung (die er gut in einem der geräumigen Säle des Komplexes hätte unterbringen können) in die Gästestudios. So ergaben sich sieben heterogene Zellen, die zwar in keinen Dialog traten (die unbedingte Dialogsuche kann auch lästig werden), dafür aber wie geschlossene, dichte Einheiten wirkten. Der Korridor wurde von einer Porträtgalerie von Oliver Sieber bespielt. Jenseits aller Klischees zur uniformierten japanischen Gesellschaft, fing er das Gesicht der japanischen Alternative ein und und verewigte seriell Rockabillies, Punks, Hardcore, Emos, etc, vor einem neutralen Hintergrund. Menschen, die keineswegs „japanisch-typisch“ wirken und eher an westlich geprägten Subkultur-Stile orientiert sind.

Oliver Sieber

In seinem Zimmer tobte Hiroyuki Murase mit seinen Freunden aus Osaka. Bei Letzteren handelt es sich um die Performancegruppe Shinaikankei, die übrigens nicht leibhaftig anwesend war, sondern  als riesiges lärmproduzierendes Bild im Hintergrund agierte – per Skype-Übertragung. Interkontinentaler Rausch, elektronische Ekstase und schön-schmerzhafte Verzerrungen. An der Decke drehte sich zwar eine Schlaufe aus kleinen Spiegeln wie eine Discokugel, getanzt wurde nicht – gehangen aber auch nicht.

Hiroyuki Murase im Skype-Kontakt mit Shinaikankei; oben: Taka Kagitomi

Der Strang war übrigens eine Arbeit von Taka Kagitomi, der ein paar Zimmer weiter sein wunderbares Bett-Klavier installiert hatte. Der Künstler hatte in einem eigenartigen Montage Bestandteile eines Bettes und eines Klaviers verkoppelt und damit eine Liegefläche kreiert, die Klangvibrationen körperlich spürbar machte. Die Demonstration seines Objektes wurde zu einem Mini-Fluxus-Event.

Taka Kagitomi

Das Zimmer von Thomas Neumann wurde als Gästezimmer des Gasten verwendet. Neumann war kurz vor Ausstellungsbeginn nach Japan gereist und hatte vier Beiträge von Künstlern, die er vor Ort kennen gelernt hatte in seinen Koffern mitgebracht. Neumann präsentierte selbst eine während seinem Aufenthalt enstandene Arbeit.

Im Zimmer von Thomas Neumann
Thomas Neumann

Mit ihren gestrickten Objekten an en Wänden, dem auf dem Boden liegenden Leuchtkörper und den vielen, kleinen Ton-Kugeln, die sie an einer Wand und in einem Regal des Zimmers angebracht hatte, ging Isabella Fürnkäs am ehsten auf die heimelige und private Raumsituation ein. Auch wenn die Gursky-Schülerin in Düsseldorf wohnt und nur einen mäßigen Gebrauch des Zimmers gemacht hat, gaben ihre intimen und sehr persönlichen Stücke den Eindruck, vor Ort entstanden zu sein und in Gespräch mit den räumlichen Beschaffenheiten zu treten.

Isabella Fürnkäs
Isabella Fürnkäs
Isabella Fürnkäs

Dass die japan-fixierte Ausstellung am 10.3. eröffnet wurde – ein Tag vor dem ersten traurigen Jubiläumstag des großen Erdbebens und der Tsunami-Flut – ist natürlich kein Zufall. In Gedenken an die Opfer der vielfachen Katastrophe, eröffneten Wolfgang Schäfer, Tomoko Tezuka und Yuki den Abend mit einer kurzen und konzentrierten Performance. Barfüssig und kopfbedeckt erschienen sie aus dem Hof in dem abgedunkelten Treppenhaus und Korridor des Gästetrakts. Langsam tanzend, bedächtig, die Augen geschlossen und eine Rose in der Hand, die sie vor sich trugen, als ob es sich um eine Gabe handeln würde, schritten die drei Performer vom Außenbereich bis zum Herz („zum Kern“ wäre hier unangebracht) der Gästestudios, eine Welle des respektvollen Schweigens auflösend. Ein Auftakt voller demütiger und poetischer Zurückhaltung, ohne unnötigen Pathos und Theatralität.

Back from Japan
in der Hans Peter Zimmer-Stiftung
Ronsdorferstr. 77a
Ausstellung v. 11. – 30. März
Öffnungszeiten Do-So 14-18 Uhr

 

Guten Morgen Düsseldorf, guten Morgen Welt.

Mit dem nachfolgenden Video Inception Park von Fernando Livschitz wünschen wir allen Lesern einen angenehmenen Start in die Woche. Halten sie die Ohren steif und den Kopf gerade, der Frühling naht und dann werden auch die Städte in unseren Breiten wieder so schön wie das sonnige Buenos Aires in diesem Video – auch ohne Achterbahn.


Inception Park – Fernando Livschitz

Buenos Aires – Inception Park from Black Sheep Films on Vimeo.

(via)

BURNING BEASTS von Claudia Bosse

Die Rhein-Main-Linie ist in der Perisphere noch nicht nahtlos und der Informationsfluss manchmal zäh. Es ist schon zwei Wochen her, als die Regisseurin und Künstlerin Claudia Bosse ihre langatmige Performance Burning Beasts vor dem Frankfurter Kunstverein veranstaltete. Die Ingredienten der lauten und zerstörerischen Aktion: 10 Autowracks, 40 Lautsprecher, eine Handvoll schreienden und gestikulierenden Performers in Astronauten-Pyjamas und der beschauliche Fußgängerweg zwischen dem Rathaus Römer und dem Kaiserdom. Unsere Frau vor Ort hat sich der Gefahr ausgesetzt.

Ein Bildbeitrag von Havva Erdem (Frankfurt a. Main)

Burning Beasts erkundet im öffentlichen Raum die Grenzen und Ikonen der Überschreitung öffentlicher Ordnung. Was ist zu tun angesichts der weltweiten Unsicherheiten über die politische und gesellschaftliche Zukunft? Die Stimme erheben? Kollektiv das Sprechen verweigern? Oder brennende Biester sprechen lassen? Burning Beasts ist eine temporäre performative Installation im öffentlichen Raum Frankfurts.

Während eines Aktionszeitraums (13. – 18. Februar 2012) entsteht im öffentlichen Raum zwischen Dom und Römer eine performative Installation bestehend aus 10 Autokörpern und 40 Lautsprechern. Die Autos werden bearbeitet, verändert, verformt. Über die auf den Autos installierten Lautsprecher sind Interviews über Demokratie und Freiheit sowie Musik zu hören.

“Die für das Ausstellungsprojekt ‘Demonstrationen. Vom Werden normativer Ordnungen’ entwickelte performative Installation ‘Burning Beasts’ tritt in einen Dialog mit dem öffentlichen Raum und verhandelt dort Vorstellungen von Demokratie, Besitz und Freiheit. Anhand des Bildes zerstörter Autos, das sich als Symbol für den Angriff auf die Sicherheit, Mobilität und Selbstbestimmtheit des Einzelnen in unser kollektives Gedächtnis eingeprägt hat, untersucht Bosse die Grenzen und Ikonen der Störung öffentlicher Ordnung. Die Wracks schreiben sich in die städtische Struktur ein, stören die bestehende Stadtlandschaft und befragen die Bedingungen der öffentlicher Ordnung: Was ist zu tun angesichts der weltweiten Unsicherheiten über die politische und gesellschaftliche Zukunft? Die Stimme erheben? Kollektiv das Sprechen verweigern? Oder ‘brennende Biester’ sprechen lassen?” (Frankfurter Kunstverein).

Motion Pics from da US: Hennessy Youngman – ‚ART THOUGHTZ: Curators‘

Hennessy Youngman und seine Art Thoughtz wollte ich schon länger mal bei uns bringen. Eine Kurznachricht der @neonleuchte heute Nacht war jetzt der passende Anlass dafür. Denn dieser macht sich in seinem Weblog aktuell Gedanken zu Sinn, Unsinn, Ironie und Blödelei. Er Unterscheidet dort zwischen trivialem Unsinn, der dann als Blödelei – oder Neusprech: Commedy – langweilt und elegegantem Unsinn, dessen erfolgreiche Inszenierung das Gegenteil von Trivial, nämlich Kunst ist.
In welchen Bereichen sich nun Hennessy Youngman bewegt, mögen Sie, werte Leserinnen und Leser, bitte wie immer selber entscheiden.

Wer mehr über den Mann wissen möchte, wagt den Sprung über den großen Teich zu den Kollegen von der Huffington Post, denn die haben ein Interview mit ihm gemacht oder folgt dem Mann unter https://twitter.com/therealhennessy.

ART THOUGHTZ: Curators
Hennessy Youngman
Quelle: youtube.com

single-club: Die Februar-Session

Vom Keller einer albanischen Kneipe am Worringer Platz zur ersten Hausnummer auf der Kö: Der Sprung, den Alexander Wissel mit seiner Single-Club gewagt hat, hätte kaum größer sein können. Nach dem Verdruss mit dem Ordnungsamt im letzten Jahr, hat sich das skulpturale Konzept in einem Wanderprojekt verwandelt und okkupierte am vergangenen Samstag die Attic, jene von den craaazy Party-People bekannte Adresse mitten in der Stadt. Dort stammte Wissel zusammen mit Frauke Dannert, Lukas Goersmeyer, Gesine Grundmann, Tomas Koester, Martin Pfeifle, Jan Vedder, Jan Wagner und Matthias Wollgast die exotische  Austattung im Schlaraffenland-Stil und ließ es von 20 bis 8 Uhr krachen. Ein Teil der produzierten Ausstattungsobjekte werden übrigens ab nächste Woche im MAP zu sehen sein, wo das Single-Museum in der Ausstellung „Am Rande der Kunst“ präsentiert wird – Eröffnung ist am 3.3.  (keine Panik; wir werden schon berichten).

ein Bildbeitrag von Sirin Simsek