Im Gespräch mit Anna-Lena Werner von artfridge

Die in Berlin lebende Anna-Lena Werner ist die zweite Gesprächspartnerin in unserer Interviewreihe mit deutschen Kunstbloggern, und bildet auch direkt eine Ausnahme. Denn der von ihr, mit Unterstützung von Amy Sherlock, geführte Blog Artfridge ist zwar stark in Berlin verortert, publiziert aber überwiegend in englischer Sprache. Der Themenschwerpunkt der Berichterstattung liegt auf dem Rheinland, Berlin und London.
Die Entscheidung für den internationalen Auftritt ist allerdings nicht nur strategisch bedingt, sondern hat durchaus persönliche historische Gründe. Anna-Lena hat selber lange Zeit in London gelebt und gearbeitet. Eine ihrer Redakteurinnen, Amy Sherlock ist nach wie vor dort. Ursprünglich stammt die leidenschaftliche Bloggerin aber aus Köln, also ganz aus unserer Nähe. Dem Rheinland ist sie dadurch immer noch verbunden und hat deshalb die Kunstszene hier nach wie vor gut im Blick.

Im Frühjahr diesen Jahres wechselte Sie aus der Rolle der Beschreibenden in die Rolle der Organistorin und Kuratorin, unter dem Titel “Untitled (Absence)” realisierte sie bei Savvy Contemporary eine Ausstellung mit Lela Ahmadzai aus Afghanistan und dem gebürtigen Dänen Lars Bjerre. Trotz ihrer Aktivitäten und Projekte hatte Sie freundlicherweise Zeit uns ein paar Fragen zu beantworten.

Anna-Lena Werner | artfridge.de

FK: Welche Ausstellung war für Dich besonders wichtig und warum?

ALW: Im Frühling 2005 habe ich im Hamburger Bahnhof in Berlin die Präsentation von Friedrich Christian Flicks Sammlung gesehen. Das war so mit das erste Mal, dass ich so viele gute zeitgenössische Kunstwerke geballt in einem Museum betrachten konnte. Ich war völlig fasziniert von Paul McCarthys Videoinstallation ‚Saloon Theatre‘. Seine Arbeiten haben mich noch Jahre später beschäftigt – ich habe auch viel über ihn geschrieben. Für mich war diese Ausstellung wie eine Tür zur Kunstwelt, die sich ganz plötzlich öffnete. Alle hingen sie da: Cindy Shermans Fotografien, Bruce Naumans Installationen, Arbeiten von Nam June Paik, Peter Fischl und David Weiss, Martin Kippenberger, Pipilotti Rist und vielen anderen. Seitdem ist der Hamburger Bahnhof mein Lieblingsmuseum – die Räume dort haben eine ganz eigene Mystik.
Auch fasziniert hat mich „The Killing Machine and Other Stories“ im MACBA in Barcelona. Das war 2007. Diese Sonderausstellung von dem Sound-Installations-Künstler-Duo Janet Cardiff und George Bures Miller war so schockierend wie radikal. Man versinkt in eine völlig abstrus-anti-utopische Welt. Ohne tatsächliche Gewalt zu zeigen, ruft die durchchoreografierte Installation „The Killing Machine“ die tiefsten Ängste und Phobien hervor. Alle Sinne sind für diese Zeit vollständig auf das Werk konzentriert.
Mit der Bewertung von wichtigen und unwichtigen Schauen halte ich es also wirklich simpel: Wenn ich mich nach Jahren noch so scharf an Ausstellungen erinnern kann, wie an diese beiden, dann haben sie zumindest einen großen Eindruck hinterlassen.

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Guten Morgen Düsseldorf, guten Morgen Welt!

Die Künstlerin Rebecca La Marre hat, so berichtet sie in einem Video auf ihrer Webseite, 2011 die Künstlerfigur jaakkopallasvuo.com erschaffen. Bei näherer Betrachtung kommt allerdings der Verdacht auf, es könnte auch exakt anders herum gewesen sein. Man weiß es nicht. Überprüfen lässt sich das von hier aus auf jeden Fall nicht so einfach und es ist für uns an dieser Stelle eigentlich auch nicht weiter von Bedeutung. Denn uns interessiert hier und heute das Video ‚How To / Internet‚ aus der Serie ‚Howto‚ in dem er bzw sie beschreibt was man tun muss um als Netartist im jahr 2012 erfolgreich zu sein.

Rebecca La Marre / Jaakko Pallasvuo – ‚How To / Internet‘

Branding Becomes Key

Rebecca La Marre / Jaakko Pallasvuo
How To / Internet‘
http://www.jaakkopallasvuo.com/howto.html

Gallery Fist in Hamburg

Die aus dem Umfeld der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig stammende Künstlergruppe Gallery Fist hat in Hamburg eine ziemlich rotzige Ausstellung kuratiert. Neben der Fist-Clique waren auch so illustre Gestalten wie Andy Kania, die Gruppe Porschismus und Ronny Szillo mit an Bord.

Die Kollegen vom Donnerstag Blog haben einen Blick auf das Projekt geworfen und sich in Ihrer Rezension zu dem für dortige Verhältnisse nur als höchstes Lob zu verstehenden Satz „Die Ausstellung der Gallery Fist, die in Hamburg trotz allem zu den bemerkenswertesten Off-Ausstellungen des Jahres gehört…“ hinreißen lassen.
Wenn das kein Grund zum Klicken ist, weiß ich auch nicht mehr.
Wer also mehr lesen will folge bitte diesem Link.

Cineorama im Malkasten

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

 

Die Idee ist zwei Jahre alt. Weil ihre Umsetzung aber doch nicht ganz simpel war, brauchte sie ein wenig Zeit um konkret zu werden. Diese Idee war, selten gezeigte Kunstfilme in einer eigens konzipierten Architektur mitten im Malkasten-Park zu präsentieren und, abseits des üblichen, düsteren Vorführungsraums, ein Filmfestival mit bukolischem Charakter und diskursiver Struktur zu kreieren. Initiatorin und hauptsächliche Antriebskraft des Projektes ist die Bildhauerin Erika Hock, über deren Arbeit wir hier bereits berichtet haben. Hock, die in ihren letzten Arbeiten dem Design und der Architektur immer näher kam – zunächst als Zitat und nun als autonome Eigenkreation – hat für das Cineorama ein hölzernes Modul konzipiert, das Raum für 30 bis 40 Personen bietet. Die offene aber bedachte Struktur, überzogen von einer elegant-rustikalen Bastoberfläche, artikuliert sich in zwei Momente: die Zuschauertribüne einerseits und ein Unterschlupf hinter der Projektionsfläche – der sich bei der gewitterigen Premiere am 22. Juni als besonders heilbringend erwies.

 

Trotz seiner schlichten, linearen Erscheinung war der Bau des Pavillons eine wahre Herausforderung für die Bildhauerin, die sie nicht ohne die kompetente Hilfe von Jürgen Findeisen hätte meistern können. Die begehbare Skulptur ist ein schönes Objekt geworden und integriert sich im Malkasten-Park perfekt. Aus praktischer Sicht könnte man einwenden, dass ein etwas größerer Entwurf durchaus angebracht gewesen wäre (viele Zuschauer müssen stehen und können die Projektionsfläche nur mäßig wahrnehmen); allerdings würde ein großes Objekt nur noch funktional wirken und, in diesem besonderen Fall, an skulpturaler Qualität einbüßen.

 

Hocks Metareflexion über die angewandte oder zweckfreie Funktion von Kunst, über den Status des künstlerischen Objektes und dessen Verhältnisse mit dem umgebenden Raum scheint sich auf neuen Komplexen geöffnet zu haben. Nun rückt sie die Beziehung Künstler-Kurator in den Mittelpunkt und, den Spieß umdrehend, lädt den Filmwissenschaftler und Kunsthistoriker Philipp Fürnkäs zur Gestaltung des Filmprogramms ein – die Kooperation als Arbeitsmodus bildet eine Konstante Hocks Ansatzes. Fürnkäs, derweil wissenschaftlicher Mitarbeiter von Julia Stoschek, hat zusammen mit der Künstlerin eine Reihe konzipiert, in der sich klassische Filmformate mit Lecture-Performances oder Arbeitspräsentationen abwechseln sollen. Das  Programm dreht sich dabei hauptsächlich um die Wahrnehmung von Architektur, bzw. von Urbanität.

Es ist in der Tat erstaunlich, wie viele junge bis mittelreife Künstler sich gegenwärtig mit dem Bild und der Funktion unserer Städte auseinandersetzen oder aber ihre Faszination für Bauwerke der Moderne (mehr oder minder) kritisch reflektieren. So fließen – in welcher Form auch immer – avantgardistische Architekturikonen und utopische Stadtentwürfe in das Forschungs- und Überlegungsfeld zahlreicher bildender Künstler, die, je nach Temperament und Ansatz, das Haus als künstlerisches Statement oder die Stadt als politisches Proposal verstehen.

 

Soweit wir es bisher urteilen können, erwies sich Fürnkäs und Hocks Wahl als präzise und konsequent. Die Fixierung auf Architekturthemen ist geradlinig; der Rahmen angemessen. Das Format der Veranstaltung ist klassisch (und richtig), die Filme werden von den Künstlern und von dem Veranstalterpaar selbst präsentiert und später vom Publikum kommentiert. Prinzipiell ist diese Saison-Veranstaltung eine unheimliche Bereicherung der Düsseldorfer Filmszene, worüber wir (wir Düsseldorfer) nur dankbar sein können. Was bei der Premiere ein wenig fehlte war der Geist der Unbekümmertheit, der an diesem Ort so deutlich berufen wurde. Die Anstrengungen der letzten Aufbautage waren bei den Organisatoren deutlich zu sehen, und trotz der charmanten Umgebung und der Ungezwungenheit des Gesamtkonzeptes, war ein Hauch von Anspannung zu spüren. Dies legte sich jedoch bei den folgenden Vorführungen.

 

Cineorama
jeden Donnerstag ab 20 Uhr
Jacobistr. 6, 40211 Düsseldorf
 
Kommende Programmpunkte sind geplant:
 
02.08 Filme von / Films by HEINZ EMIGHOLZ (Berlin) *1948
Maillarts Brücken (D 2001) 24‘
Zwei Projekte von Friedrich Kiesler (A/D 2006) 16‘
Einführung von / introduced by Philipp Fürnkäs

 

09.08 TOBIAS PUTRIH (Ljubljana/New York) *1972
Vortrag / Lecture: Cinema Projects 2007 – 2011
Im Gespräch mit / in conversation with Erika Hock
gefolgt von der Vorführung von / followed by the screening of
Golem, Paul Wegener (D 1920) 87‘

 

16.08 CORINNA SCHNITT (Braunschweig) *1964 zeigt / showing:
Das schlafende Mädchen (NL 2001) 8‘
Das nächste Mal (D 2003) 6‘
Living a Beautiful Live (USA 2003) 13‘
Tee trinken (D 2012) 15‘
Im Gespräch mit / in conversation with Philipp Fürnkäs

Ein Interview mit Trevor Paglen über die Politik des Sehens

Kollege Alain Bieber vom rebel:art-Blog hat kurz vor der Sommerpause noch ein wirklich lesenswertes Interview mit Trevor Paglen online gestellt.
Der in den USA lebende Trevor Paglen ist Autor, Experimentalgeograph und Künstler. Im Rahmen seiner Arbeit fotografiert er Orte und Objekte, die nicht gesehen werden sollen und die offiziell nicht existieren – etwa Spionagesatelliten, Luftwaffenstützpunkte, oder so mythische Orte wie die Area  51. Meist nutzt er dazu selber Technologie die aus dem Spionagebereich stammt, seine Bilder entstehen unter Zuhilfenahme von aufwändigen Foto-Technologien.

The Tonopah Test Range distance = ~17 miles, The Expeditions - Trevor Paglen

Bekannt wurde er mit seiner Publikation „Torture Taxi“, einer Recherche über die „extraordinary rendition“ genannten Flüge, mit denen Gefangene außerhalb des rechtlichen Rahmens nach Guantanamo transportiert wurden. Im Interview berichtet er von seinen Expeditionen zu geheimen Militäranlagen und erläutert seine Aktionen im Kontext einer Politik des Sehens.

“Der Enthüllungskünstler”: Alain Bieber im Interview mit Trevor Paglen

 

Karat: Interventionen am Straßenrand

von Maria Wildeis (Köln)

Leerstände implizieren Wandel: Etwas ist vorbei, eine Nutzung obsolet geworden und das Erschöpfen manifestiert sich in meist wahllos zurück gelassenen Einrichtungsgegenständen, verblassten Farben und dem Staub, der über den Oberflächen liegt. Der Staub dämpft die einfallenden Lichtreflexe, so verdunkelt sich der verlassene Raum und tritt aus dem Stadtbild zurück in ein Schattendasein. Er entzieht sich mehr und mehr einer öffentlichen Wahrnehmung und beginnt zu schweigen.

Bei Google-Maps werden die Vitrinen noch als Werbetafeln genutzt

Es ist ein beliebtes Mittel der Kunstschaffenden und ihren engagierten Förderern, diesen vergessenen Räumen neues Leben einzuhauchen, sie im verfallenden und immer wieder neu entstehenden Stadtgebiet zurück zu erobern und erneut zum Sprechen zu bringen. Sobald sich alte, verschlafene Räume auffinden lassen und die Möglichkeit es zulässt, wird der Ort unter frischer Regie wieder aufgeweckt und seiner Architektur eine neue Bedeutung verliehen.

So wurden auch in Köln alte Schaufensterkästen im Schatten eines oberhalb auskragenden, mit Wellblech verkleideten Parkhauses in der Innenstadt, unter jener frischen Regie der jungen Künstler und Off-Raum Betreiber Yvonne Klasen (hoi offraum), Malo (Hug me, Heimlich) und Paul Leo im April ganz beiläufig wieder zurück ins Licht gerückt. In der Nähe des Friesenplatzes befinden sich 14 alte Werbeschaukästen an einer viel befahrenen Straße, die längere Zeit nicht mehr als Anzeigenfläche vermietet wurden, wahrscheinlich wegen ihrer durch Parkplätze ungünstig gelegenen Position. Im Frühjahr erhielt das Karat-Team von den Parkhausbetreibern die freundliche Genehmigung für die neue Nutzung der Werbeflächen. Seitdem wurden die Vitrinen schon das dritte Mal bespielt.

Die aktuelle Ausstellung zeigt seit dem 16. Juni Arbeiten eines der Raumbetreiber, Malo (noch bis zum 8. Juli). Der Künstler präsentiert in den Kästen ungerahmte und sporadisch befestigte Malereien auf Papier, die in ihrer Farbigkeit und der gegenstandslosen Bildsprache hinter den alten Glasvitirinen das Stadtgefüge unauffällig in eine Ausstellungsfläche verwandeln. Die Intervention verfolgt nicht wie in einer Werbevitrine für gewöhnlich erwartet marktorientierte Absichten, ist nicht laut und bunt, reizt mit nackter Haut, sondern sie schenkt dem gewöhnlichen Moment des Vorbeigehens, des Auf-dem-Weg-seins, einen kleinen Augenblick der Entrückung.

Vergangene Ausstellungen zeigten eine Gruppenausstellung im April mit 14 Beteiligten aus der ganzen Welt (Amanda Midori (Sao Paulo, Brasilien), Benjamin Tillig (München), Frank Wunderlich (Leipzig), Johannes Amorosa (Köln), Katja Donnerstag (Köln), Linda Baumsteiger (Gent, Belgien), Lukas Goersmeyer (Köln), Lyoudmila Milanova (Köln), Matthew Randle (London, UK), Mercedes Mangrané (Barcelona, Spanien), Pavel Příkaský (Prag, Tschechien), Stefanie Klingemann (Köln), Tobias Becker (Köln)) und eine Ausstellung des zweiten Betreibers vom Projekt, Paul Leo, im Mai und Juni des Jahres. Da dürfen wir uns wohl bald auch auf eine Ausstellung von der dritten Karat-Organisatorin, Yvonne Klasen, freuen. Die leitete bis vor kurzem den mittlerweile wieder leer stehenden Hoi Offraum im Kölner Süden und wird als Künstlerin von der Galerie Mülhaupt vertreten.

Der Wandel steckt in jeder Architektur. Temporäre Eingriffe und Veränderungen zieren das Stadtgefüge und tauchen immer dort auf, wenn etwas vergeht, seine Strahlkraft verliert und Neuem weichen muss. Die architektonische Hülle bleibt bestehen, wird neu gestrichen, anders dekoriert und ausgeschmückt. Wir können gespannt sein, was in den Schaukästen, Off-Räumen und auf öffentlichen Plätzen der verschiedenen Innenstädte noch zu finden sein wird, wenn sie in unbestimmter Zeit wieder einer Umstrukturierung erliegen werden.

 

Infos zum Projekt: karat-ist-draussen.com

Und dafür zahlen wir steuern – Rundgang der Weißensee Kunsthochschule Berlin

eine Fotostrecke von:
Stefanie Ippendorf

„Und dafür zahlen wir steuern“ lautete der Titel des diesjährige Rundgangs / Tage der offenen Tür der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, der parallel zum Akademierundgang der Universität der Künste vom 14.-15.07.2012 stattfand. Gezeigt wurden die Diplom- und Studienarbeiten des Studienjahres 2011/2012 aus den Fachgebieten Bildhauerei, Bühnen- und Kostümbild, Künstlerische Grundlagen, Kunsttherapie, Malerei, Mode-Design, Produkt-Design, Raumstrategien, Textil-/Flächen-Design, Visuelle Kommunikation.

Hier ein paar Eindrücke vom Rundgang der äußerst vielseitigen und lebhaften Kunsthochschule im Osten Berlins:

Mähne Birkholz Kasper
Zora Jankovic
Zoe Kahlert
vier Arbeiten von Martin Maeller
Theresa Baumgartner und Marlene Burz
Textil und Flaechendesign
Soft-Interfaces, Helena Rott
Zeichnungen von Romy Troxler
Raumarbeit von Ana Lilia Konishchev
K. Durgeloh
Jan Friedrich
Irena Koscheleva
Installation von Sebastian Teubner
Hannah Hansel
Gruppenausstellung Studierende Malerei
Gruppenausstellung Bildhauer
Gipswerkstatt
Blick in den Gang der Maler
Blick in den Gang der Fotografen
Eva Baeumler
Dressage, Bianca Benenti und Charlotte Duale
Amelie Kemmerzehl

Rundgang vom 14.-15.07.2012

Weißensee Kunsthochschule Berlin
Bühringstraße 20
13086 Berlin
Telefon: +49 30 47705-0
www.kh-berlin.de

Guten Morgen Düsseldorf, guten Morgen Welt!

Fetter Sound, fette Karre, fette Kohle. Chevrolet hat bei der Kooperation mit dem Streetartist Jeff Soto im nachfolgenden Clip definitiv nicht gekleckert, sondern richtig hingeklotzt (so wie übrigens schon bei diesem Musikvideo mit OKGo).
Das kann man gut finden, das kann man schlecht finden.
Spaß macht der Clip aber alle mal, und mal ehrlich, wer hätte nicht auch gerne so einen geschmeidigen Roboterarm am Wagen?

Sound nicht vergessen!

Streetartcar mit Farbkanone

weiß man es? Martin Wöhrl und Andreas Neumeister in der Einheit 834

ein Bildbeitrag von Julia Wirxel

Der Architekt Peter Ottmann hat in Berlin im Corbusierhaus in der Einheit 834 seit anderthalb Jahren einen Ausstellungsraum. Aktuell sind lakonische Arbeiten von Martin Wöhrl und Andreas Neumeister aus München zu sehen. Neumeister beeindruckte mit einer Lesung zur Eröffnung.

Rechts im Bild Martin Wöhrl

weiß man es?
Martin Wöhrl und Andreas Neumeister

10.06.–21.08.2012
Corbusierhaus Einheit 834
Flatowallee 16
14055 Berlin
http://www.c834.de/
Besuch nach Vereinbarung.

Der Single Club in der Raketenstation Insel Hombroich

Wenn Single Club und Raketenstation Hombroich mit sommerlichen Temperaturen und Sonnenschein zusammen fällt, gibt es für die digitale Bohème Düsseldorfs natürlich kein Halten mehr. Sack und Pack werden mit Kind und Kegel in den Wagen verbracht und schon gehts ab aufs Land.

Und was soll ich Ihnen sagen? Es war ein wunderbarer Ausflug, mit allem was dazu gehört. Zumindest dann, wenn der ultimative Rausch und der zugehörige Exzess nicht mehr Mittelpunkt, sondern gut geplanter Akzent des Daseins ist, wenn man sich also dem bürgerlichen Leben sukzessive annähert.
Das sei hier im Vorfeld erwähnt, denn wir sprechen hier schließlich von einem Ausflug zum legendären Single Club und unsere Bildstrecke bricht eben an der Stelle ab, an der dieser eigentlich beginnt, nämlich bei einsetzender Dämmerung.
Aber was soll es, Partys soll man sowieso lieber feiern als anschauen …

Unser Trip durch Kunst, Architektur und Natur begann dafür schon am Nachmittag, in etwa hier, auf dem schmalen Weg vor der Langen Foundation. Natürlich reisten wir aber nicht mit dem Shuttlebus, sondern wie es sich gehört standesgemäß sportlich mit dem Wagen an.

Der stilechte Kunstblogger sollte immer von mindestens einer, im besten Falle, sogar von zwei schönen Damen begleitet werden.

… denen er mit etwas Abstand dezent folgt.

Vor der Langen Foundation traf sich das Kunstestablishment, es gab Currywurst mit Pommes und dazu eine Ausstellung.

Am Erdwall gegenüber vom bürgerlichen Lager treffen wir wie geplant auf Freunde, mit denen wir unseren Weg gemeinsam in Richtung der Raketenstation fortsetzen.

Wie nähern uns dem Ausstellungsort, die Assoziation des Ufos liegt nahe und gefällt. Wir kannten das Gebäude vorher nicht und waren natürlich von dem rätselhaft unfertigen Bau beeindruckt.

Der Bau wirkt wie die Kulisse eines Science-Fiction-Films und erinnert daran, im Jahr 2012, also in der Zukunft zu leben. Und je weiter wir gehen, desto mehr bewegen wir uns in einem Modell einer anderen, angenehmen Zukunft und vergessen für einen Moment die realen Dystopien um uns herum. Die Kunst beginnt zu wirken und es deutet sich an, dass alles eigentlich auch immer ganz anders sein könnte.

Der Blick auf den Eingang und in das Halbrund des Betonufos hinein, sorgt für mehr Irritationen. Wir fragen uns nach wie vor, was das für ein eigenartiges Gebäude ist und welche Bedeutung die aus der Ferne bereits erkennbare Holzkonstruktion hat. Die Dachlatten-Plastik im Eingangsbereich verstärkt den Eindruck des Unfertigen und steigert auf angenehme Weise die Verwirrung. Wir fühlen uns schnell wohl.

Um den Betonrund herum sitzen Gruppen von Besuchern auf Weg und Wiesen, trinken, rauchen, genießen den Sommertag und harren der Dinge.

Wir gehen rein.

Am Eingang gibt es Kraft durch Suppe. Wir sind uns nicht ganz sicher, ist es kalauernde Provokation zur Vergangenheit oder der Versuch des reflektierten Umgangs mit der Gegenwart? Wahrscheinlich beides und damit fast schon ein Schritt in Richtung Metamoderne. Das Schild wirkt trotzdem etwas prollig und unbeholfen, sorgt später auch für Unmut, woraufhin die SS-Rune entfernt wird. Als wir zum Bestellen kommen gibt es nur noch Uppe, die dennoch lecker schmeckt.

Beim Betreten des Innenhofs werden wir von den bereits anwesenden Gästen beobachtet.

Wir lassen uns davon aber nicht stören, sondern begutachten die erste großformatige Arbeit gegenüber des Uppenstands.

Die Lichtinstallation von Christoph Knecht arbeitet ebenfalls mit klaren Bezügen zu deutscher Vergangenheit und globalisierter Gegenwart, kommt dabei aber sehr viel weniger platt daher, als der Text am Eingang.

Die großformatigen Holzarbeiten von Stephan Engelke fügen sich gut in die Bauruine ein und geben einen ersten Hinweis auf die gelungene Komposition der Ausstellung. Im Whitecube würden die Objekte neutralisiert werden und mich schnell langweilen, hier entwickeln sie ein Eigenleben und wirken wie überdimensionale, zurückgelassene Baugerätschaften oder unfertige Möbelstücke.

Im Inneren des Gebäudes wird der Dialog zwischen Kunst und Gebäude fortgeführt. Zeichnungen, die wie Baupläne wirken, oder eventuell sogar welche sind, hängen gerahmt an den Wänden. Eine Videoprojektion zeigt ein Kameraeinstellungen einer Bauruine, wie die, in der wir uns befinden. Der Gesamteindruck ist allerdings stärker als die einzelnen Elemente. Das ist gut für die Komposition und das Arrangement der Ausstellung und des Settings vor Ort, aber weniger gut für die Wahrnehmung der einzelnen Arbeiten.

Die zahlreichen Räume des Gebäudes sind voll mit Kunst. Wir gehen durch die Gänge, lassen den Blick umherstreifem, schauen auf die Arbeiten, schauen auf die Architektur, schauen wenn möglich durch Nischen auf die Natur und schauen auf die Gäste. Der Blick auf die Kunst öffnet und verändert naturgemäß die Wahrnehmung, die Arbeiten bilden somit Fixpunkt und Kontrast zum Umfeld des Rohbaus, wirken wie surreale Schlüssel, die uns diesen inszenierten Ort eröffnen.
Und mir wird klar, eine gebührende Rezeption und Kritik der einzelnen gezeigten Arbeiten wird es nicht geben, man möge das bitte verzeihen. Die Kompetenz dafür liegt beim geschätzten Kollegen Mir und der weilt aktuell weit weg in Südfrankreich. Darüber hinaus sprengt der Umfang der Ausstellung den Rahmen unserer Möglichkeiten.

So beschränke ich mich auf das Flanieren, lasse den Blick weiter schweifen, und erreiche schließlich die Bar auf dem Dach, hole mir den Weißwein und beobachte nun selber die Gäste unten im Hof.

Unschwer zu erkennen ist das hier die Liste der teilnehmenden Künstler der Ausstellung the reality of the unbuilt.

Wir verlassen das Obergeschoß und begeben uns in den Keller.

Auch dort hängt Kunst, und der Kontrast zwischen Rohbau und ausgestellten Arbeiten wirkt stimmig. Assoziationen zu modernen Schatz- und Wunderkammern kommen auf.

Wir fotografieren.

Wir schauen.

Und schauen.

Und gehen.

Und machen in diesem Raum eine Pause, die Skulptur war beim ersten Blick von Oben bereits aufgefallen.

Dann gelangen wir in das Zentrum des Untergeschosses, wohnen für einen kurzen Moment dem 24h Sound-Performance-Programm bei und stellen fest, dass wir angekommen sind, es handelt sich offensichtlich um das Herz der temporären Gesamtkonfiguration.
Es ist des Singlecub.
Wir sind zufrieden, wir haben unser Ziel erreicht, haben es oder besser ihn gesehen, stellen uns kurz den Rausch, das Glück, den Wahnsinn und die Extase vor, die hier später vorherrschen wird, denken dann an die Übelkeit und die Kopfschmerzen des nächsten Tages, trinken schnell das Glas Weißwein leer und machen uns auf den Rückweg.

Rundherum war Kuchen bereit gestellt. Laut Facebook-Eintrag wurden die zu später Stunde noch als Waffen der Kritik eingesetzt werden. Bands die den Geschmack des Publikums nicht trafen, wurden damit beworfen. Für die Gäste der Party eventuell ärgerlich, für Außenstehende aber durchaus unterhaltsam und zweifelsohne eine tolle Geschichte, die nachhaltig zur Legendenbildung beitragen wird.

Wir glauben alles gesehen zu haben und verlassen den Keller lange bevor die Kritiker aktiv werden.

Oben versammeln sich immer mehr Leute.

Noch wird überwiegend ab- und rumgehangen, aber langsam kommt eine Ahnung von Partystimmung auf.

Wir werfen einen letzten Blick zurück und machen uns entspannt auf den Heimweg.

Stiftung Insel Hombroich
Raketenstation / Haus für Musiker
41472 Neuss

http://www.therealityoftheunbuilt.com
http://www.single-club.in

Auf der Bühne:

Stabil Elite (Italic)
Chiqueria (Single)
Felix Kubin (Gagarin Rec. / A-Musik)
Fragil (Single)
POPNONAME (Kompakt, Magazine)
Jan Schulte (Themes for Great Cities)
Sarah Feulner
TV ME
Horst Gläsker & Fabian Schulz
Wolfgang Betke
Radio Latte: Silent Disco

Mit Arbeiten von:
Johannes Bendzulla, Felix Burger, Nicolai Crestianinov, Frauke Dannert, Rußlan Daskalov, Stephan Engelke, Sabrina Fritsch, Sven Fritz, Ramon Graefenstein, Erika Hock, Clemens Hollerer, Oscar Hugal, Ko Ichikawa, Christoph Knecht, Timo Kube, Peter Miller, Anna Mirbach, Olga Pfeffer, Christoph Schellberg, Lukas Schmenger, Andreas Schmitten, Emil Schult, Koen Sels, Fari Shams, Jens Ullrich, Ben Van den Berghe, Rinus Van de Velde, Alexander Ernst Voigt, Moritz Wegwerth, Joachim Weischer, Sebastian Wickeroth, Edi Winarni, Alexander Wissel, Matthias Wollgast

I love Pubertät im Kunstverein Schwerin

Wer uns und unseren Blog etwas länger kennt der weiß, dass wir nicht nur online und digital aktiv sind, sondern immer wieder gerne den Platz hinter dem Schreibtisch verlassen um Projekte draußen, in der analogen Welt zu realisieren. Ein solches Projekt aus dem Umfeld der perisphere ist die aktuelle Ausstellung im Kunstverein Schwerin.

Julia Wirxel, die Organisatorin, ist nicht nur Berliner Korrespondentin unseres feinen Blogmagazins, sondern darüber hinaus auch noch Leiterin des Kunstvereins in Schwerin. Dort läuft bereits seit dem 21.06. eine Ausstellung über ein Thema, welches bei den allermeisten Leserinnen und Lesern bewegende Erinnerungen hevorrufen dürfte, die im Rückblick zwar durchaus belustigende Seiten entwickeln, im erlebten Moment selber aber oft alles andere als komisch, dafür aber hinreichend peinlich waren.

Kunstverein Schwerin - I Love Pupertät

Unter dem Titel ‚I ♥ Pubertät‚ präsentiert der Kunstverein Schwerin künstlerische Positionen von Heike Kati Barath und Joachim Weischer zu einer Zeit der Ersten-Male, der knallroten Köpfe und der abenteuerlichen Experimente mit sich, der Familie und den Anderen. Im Fokus der Ausstellung stehen aber weniger die konkreten Probleme junger, mit sich und der Welt ringender Heranwachsender, vielmehr geht es um allgemeingültige Fragen zum sozialen Kontext dieser wildschrägen Phase des Lebens.

Wie kann man die Pubertät lieben? Liebt man nicht eher New York? Und wer liebt sie, die Pubertät? Die Pubertierenden? Oder ihre Eltern? Oder die stets Junggebliebenen? Drückt man aufgrund der emotionalen Unvorhersehbarkeiten doch den Dislike-Button? Wie ist der Geschmack von Adoleszenz? Oder denken wir an Martin Kippenbergers Ausstellung „Durch die Pubertät zum Erfolg“?

Neue medizinische Entwicklungen versprechen Medikamente, die nach Lust und Laune eingesetzt werden könnten, um die Pubertät bei Kindern auszulösen, zu stoppen oder zu beschleunigen. Noch muten diese Möglichkeiten bizarr an. Bei Mädchen, die zu groß werden, wird die Pubertät bereits früher ausgelöst, um ihr Wachstum zu reduzieren (siehe den Film Tall Girls, 2012).

Und was ist mit der sozialen Pubertät? Diese verlängert sich, genau wie die körperliche stetig früher beginnt. Da ein jeder sich an die Wirrungen der eigenen Pubertät erinnern kann und Kunst per se einen Freiraum bereithält „anders“ zu sein, bietet sich eine Verschränkung von Kunst und Pubertät geradezu an. So sind die Positionen von Heike Kati Barath (*1966) und Joachim Weischer (*1971) als exemplarische zu begreifen. In ihrer Ausstellung kann man sich auf die Suche nach dem Pubertären begeben und in ihren Gemälden Verwandlungen vorfinden, die hormonell, mythologisch oder dämonisch bedingt sein können. Auch (Puber-)Tiere sind von den Transformationen nicht ausgenommen. Auf den Bildern der Künstler tummeln sich Teenager, die mit außergewöhnlichen Materialien versehen sind oder aus ihnen entstehen. Lange Silikonfäden werden bei Barath plastisch zu einzelnen Haaren. Ebenso unterstützt das Material Bauschaum verschiedene Metamorphosen. Joachim Weischer bearbeitet  vorgefundene Fotografien mit Knetmasse, fotografiert diese „Reliefs“ dann wieder und erzielt damit erstaunliche Ergebnisse. Die Haptik des Dreidimensionalen fügt sich bei ihm –  im Gegensatz zu Barath – wieder ins Zweidimensionale.

In beiden Werken sind kunsthistorische Referenzen zu finden, neben der Moderne wird die Pop Art thematisiert, als eine Referenz ist Philip Guston zu nennen, dessen Arbeiten zwischen Figuration und Abstraktion changieren. Interessanterweise haben fast alle Arbeiten der beiden Künstler keinen Titel, um eine größtmögliche Offenheit zu der in den Werken angelegten Erzählung, wie beispielsweise von Märchen, zu behaupten.

Generell wird eine Haltung spürbar, die Menschliches und Existentielles thematisiert und auch vor Abgründen nicht Halt macht. Übergangsphasen von der Kindheit in das Erwachsenendasein werden auf poetische Weise sichtbar, die die Pubertät als Metapher für das Leben und seine Herausforderungen schlechthin bereithält.

Joachim Weischer, Ohne Titel, 2008, Digitaler-C-Print
Heike Kati Barath, o.T., 2011, Acryl Fugendichter auf Leinwand

Programm

Freitag 29.06., 20 Uhr
Girls, Boys & Teenwolves. Monstrous Gender im Werwolffilm, ein Vortrag von Dr. Julie Miess, Literaturwissenschaftlerin, Berlin

Mittwoch 04.07., 20 Uhr
Führung und Filmabend, Chihiros Reise ins Zauberland, JP, 2001, Regie: Hayao Miyazaki

Freitag 13.07., 20 Uhr
Ein Kurzfilmabend zum Thema Pubertät von Nicole Rebmann, u.a. Kurzfilmtage Oberhausen

Mittwoch 18.07., 20 Uhr
Führung und Filmabend, So finster die Nacht, SE, 2008, Regie: Tomas Alfredson

Sonntag 29.07., 17 Uhr
Künstlergespräch mit Heike Kati Barath

Kunstverein Schwerin
Spieltordamm 5
19055 Schwerin
0049 (0)385 521 3166
www.kunstverein-schwerin.de

Zitronenschaschlik meets Holzpalettenlabyrinth – der Rundgang der HFBK Hamburg

von Nicole Büsing & Heiko Klaas (Hamburg)

Von der kuratierten Klassenschau bis zum eng getakteten Performanceprogramm: Die diesjährige Jahresausstellung an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg lockte wieder einmal ein großes, überwiegend junges Publikum. Geschätzte 14 Spontan-Bars machten am Mittwochabend die Hochschule zur Party-Meile.

Eigentlich war dieses Labyrinth aus 320 Holzpaletten für eine Freifläche im Hamburger Hafen geplant. Jetzt steht es vor dem Eingang der HFBK und sollte all die Gäste der partyseligen Eröffnung in die Irre führen. Eine integrierte Bar aus dem flexiblen, modulartigen Material, das für Transport und schnelles Auf- und Abbauen steht, wurde am Mittwochabend zum sommerlichen Outdoor-Treffpunkt der Jahresausstellung

Konstanze Essmann, Enzo Mittelberger, Jakob Taranowski | Klasse Ralph Sommer (Design, Studio)
Der Weg ist das Ziel

Kuriose Verbindung: Zwei Dosen mit Milchpulver gehen durch zwei miteinander verschmolzene, rote abknickbare Trinkhalme eine absurde Allianz ein. Ein kleiner ironischer Eingriff markiert auf subtile Art und Weise die Widersprüchlichkeit eines handelsüblichen Alltagsprodukts.

Künstlergruppe Fort (Alberta Niemann): Dry Cans
Klasse Andreas Slominski (Bildhauerei)

Die Bodenarbeit von Jenny Feldmann aus 6000 Einzelteilen besteht aus billigem Laminat. Darin liegt auch der Bruch: Auch wenn die formal ästhetische Arbeit in ihrer Struktur an historische Kirchenböden und wertvolle Intarsienarbeiten erinnert, irritiert sie durch die Verwendung eines Materials, das günstig in jedem Baumarkt zu erwerben ist.

Jenny Feldmann – Klasse Andreas Slominski (Bildhauerei)
Ornament aus armem Material

Wo kommt der Baum denn her? Zwei Studierende der Klasse Slominski haben ihn kurzerhand in den Ausstellungsraum transferiert und so die Brücke zwischen Innen und Außen geschlagen. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man am Stamm des jungen Gewächses den Ausstellungsplan für den Klassenraum. Das transferierte Objekt wird so zum beiläufigen Träger für eine wichtige Botschaft – ganz ähnlich den Laternen- und Ampelmasten im Stadtraum.

Gerrit Frohne-Brinkmann und Philip Pichler | Klasse Andreas Slominski (Bildhauerei)

Kugeln in verschiedener Größe, aus verschiedenen Materialien und verschiedener Volumina gruppiert Katja Aufleger zu einer skulpturalen Anordnung auf dem Boden. Eine in Hamburg nicht ganz unbekannte Boje markiert den Mittelpunkt dieser von unterschiedlichen Größenverhältnissen bestimmten Arbeit.

Katja Aufleger | Klasse Andreas Slominski (Bildhauerei)
Die Boje als Fixpunkt

Ausgangspunkt der Arbeiten von Tobias Öchsle sind Handwerkerarbeiten aus dem 19. Jahrhundert in den USA. Öchsle interessiert sich für den dekorativen Aspekt bei der Verzierung von Dachgiebeln und dem Herstellen von Schindeln. Diesen liebevollen Gestaltungswillen aus vergangenen Tagen nimmt Tobias Öchsle zum Anlass für eigene Arbeiten mit ironischem Unterton.

Tobias Öchsle | Klasse Andreas Slominski (Bildhauerei)

Konzeptuelle Nasen: Die Master-Studentin Katharina von Bockum-Dollfs hat mit ihrem hintersinnigen Bild aus Keramiknasen auf blauem Grund eine feine Hommage an den kalifornischen Konzeptkunstguru John Baldessari geschaffen

Katharina von Bockum-Dollfs | Klasse Andreas Slominski (Bildhauerei)

Studierende suchen einen Kurator: Die Studierenden der Klasse Jeanne Faust sind einen ungewöhnlichen Weg gegangen. Die Hamburger wagten den Blick über den Tellerrand und casteten angehende Kuratoren beim Studiengang für Curatorial and Critical Studies an der Städelschule in Frankfurt. Ihre Wahl fiel auf Maike Banaski und Anna Eschbach. Die Frankfurterinnen besuchten während des Semesters mehrmals die Klasse und diskutierten mit den angehenden Künstlern über Ausstellungspraxis und das Rollenverhältnis Künstler – Kurator. Für die Jahresausstellung haben sie jetzt vier Räume mit studentischen Arbeiten der Klasse eingerichtet. Die kuratierten Räume sollen gleichzeitig Plattform für Diskussionsformate und weiteren inhaltlichen und selbstreflexiven Austausch sein. Man wird sehen, ob dieses Modell denn auch zukunftstauglich ist. Erfahrung im Ausstellungsmachen in Zusammenarbeit mit einer Person, die von außen kommt, wird so allemal gesammelt.

Klasse Jeanne Faust (Zeitbezogene Medien) und Adnan Softic

Eine Skulptur aus Trash-Materialien: Rebecca Zedow verwendet für ihr bizarres Gebilde Materialien, die man auf jeder Baustelle oder eben in jedem Klassenzimmer der HFBK finden kann: Holzlatten, Klebeband, Scharniere, Gips, Stäbe und Farbe. Ein fragiles Gerüst, das einen fast schon organischen Körper formt.

Rebecca Zedow | Klasse Anselm Reyle (Malerei/Zeichnen)

Die Möglichkeit einer Insel: Der Vielreisende J.E. Oldendorf zeigt Gemälde von Trauminseln. Das Exotismusmotiv packt er in massive Holzrahmen, wie sie Kunsthandwerker in südlichen Gefilden gerne für Touristen herstellen. Reise-Kitsch oder Ironie-Falle: Der Reyle-Schüler sucht sich seine eigene Nische im künstlichen Paradies.

J.E. Oldendorf | Klasse Anselm Reyle (Malerei/Zeichnung)

Hol mich mal rüber: Das Motiv des Fährmanns durchzieht die Literatur- und Kulturgeschichte. Sebastian Wiegand nähert sich dem Sujet malerisch: Figuren und Tiere in realistischer Darstellung mit einem Hang zur Abstraktion.

Sebastian Wiegand | Klasse Werner Büttner (Malerei/Zeichnen)

Eine Mischung zwischen Half Pipe und Einstürzenden Neubauten: Lukas Furs hat die Fensterfront eines kleinen Raumes mit Latten zugeschichtet. Zwischen den Spalten scheint das Sonnenlicht durch – fast wie bei einer Kathedrale. Lukasz Furs stört sich nicht an dem sakralen Vergleich, auch wenn er sich in der Hip Hop-Kultur verortet und eher auf das Kaputte, das Krachende und das Potenzial der Zerstörung abzielt.

Lukasz Furs | Klasse Anselm Reyle (Malerei/Zeichnen)

Der Maler Daniel Thurgau gibt grundsätzlich keine Auskunft über seine Kunst. Seine Verweigerungshaltung erklärt er so: „Wenn ich alles erkläre, warum soll ich mir das noch angucken?“ Immerhin – am Eröffnungsabend der Jahresausstellung bot er sich den Besuchern an, in der Rolle der Kunstfigur Dan von Anhalt schnelle Porträts gegen kleines Endgeld anzufertigen.

Daniel Thurau  | Klasse Werner Büttner (Malerei/Zeichnen)

Poetik des Raums: Inszenierte Design-Gegenstände in der Klasse Ralph Sommer

Klasse Ralph Sommer (Design, Studio)

An Bars herrschte kein Mangel. Ob Nektarinen-Ananas-Weißwein-Bowle, Wodka, Club Mate oder einfach nur ein schnödes Bier: Geschätzte 14 Spontan-Bars sorgten am Mittwochabend für Party-Stimmung.

Marke Individuell: Verschiedene Künstler, die als Gäste in der jeden Dienstag stattfindenden Reihe „Folgendes“ ausgestellt haben, gestalteten Briefmarken als Sonderedition. Echte Einsteigerpreise: Für nur vier Euro sind die künstlerisch aufgewerteten Sondermarken der Deutschen Post in Mini-Auflage zu erwerben.

Klasse Heike Mutter (Grundlagen Grafik/Typografie/Fotografie)

Aufbau als Konzept: Zweimal exakt zwölf Stunden nahm sich die Klasse Jutta Koether Zeit, ihre Klassenräume für die Jahresausstellung fit zu machen. Das Ganze wurde auch gefilmt.

Klasse Jutta Koether (Malen/Zeichnen)

Play cool: Noise-Musik am Eröffnungsabend in der Klasse Jutta Koether

Klasse Jutta Koether (Malen/Zeichnen)

Party-Laune in einer lauen Sommernacht: Relaxte Stimmung an der HFBK am Mittwochabend.

Prinzip Stellwand: Die Klasse Thomas Demand überrascht mit einem selbstgebauten Display aus Tischplatten, auf dem auf beiden Seiten die studentischen Arbeiten präsentiert werden.

Klasse Thomas Demand (Bildhauerei)

Ein Skulpurenensemble aus verschiedenen Materialien: Jonas Brandts farbenfrohe Skulpturenfamilie mit integrierten Sockeln spielt mit Formen, Zitaten und Materialien. Von Aluminium, Holz, Alabasterstein bis zu Gips. Der Clou ist ein Stab, auf dem Brandt veritable Zitronen gespießt hat – inklusive Duft und Vergänglichkeit des organischen Rohstoffes.

Jonas Brandt | Klasse Anselm Reyle (Malerei/Zeichnung)
Zitronenschaschlik als unendliche Säule à la Brancusi

The Medium is the Message: Plakate im Stadtraum bilden den Ausgangspunkt der Arbeit von Vladimir Schneider. Er überführt die Werbebotschaften in den Kunstkontext und kommentiert sie durch gestische Übermalungen.

Vladimir Schneider | Klasse Anselm Reyle (Malerei/Zeichnen)

Alle Fotos © Heiko Klaas

Jahresausstellung an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg
Mittwoch, 4. bis  Sonntag, 8. Juli 2012, täglich 14 – 20 Uhr
www.hfbk-hamburg.de

Kunst meets Open Source Festival

Das Open Source Festival in Düsseldorf unterscheidet sich in einem zentralen Punkt von zahlreichen anderen Festivals: Es geht kein ganzes Wochenende, sondern nur einen Tag und eine Nacht. Von daher steht der Exzess, also das kollektive Ausrasten inklusive Dixieklo-Umwerfen und Schlammbaden, die Bierrutsche zum Frühstück sowie der klebrige Geruch von Schweiß vermengt mit Grillwurst, nicht ganz so im Vordergrund wie andern Orts. Das Open Source auf der Pferderennbahn im Grafenberger Wald, wirkt in dieser Hinsicht vergleichsweise brav und gesittet – Düsseldorf eben.
Man fährt Mittags mit Fahrrad, Bus oder Taxi vor, man trinkt, man hört gute Musik, trifft Freunde und Bekannte und nicht all zu spät am Abend macht man sich wieder auf den Heimweg. Wer richtig Feierwütig ist zieht eventuell noch weiter, dieses Jahr ins Stahlwerk zur Nachtschicht.
Aber Gleichgültig ob nur am Tag oder am Tag und in der Nacht gefeiert wurde, die Besucher wachen am nächsten Tag mit hoher Wahrscheinlichkeit im heimischen Bett, ziemlich sicher aber nicht im Zelt auf.

Diese Qualität macht das Festival zu einer Art großen Klassentreffen, an dem man all die Menschen wieder trifft, die man zwar kennt und mag, aber die man schon wieder ein jahr nicht mehr getroffen hatte. Es ist damit auch ein Treffen des Szenen, und diese Idee des lokalen Szenetreffs findet sich im Rahmenprogramm des Festivals wieder.

Zur lebendigen Kultur des Open Source Festival gehört neben der Musik ebenso die bildende und darstellende Kunst, Design und Mode. Alle Genres haben auf dem Open Source Festival eine Plattform gefunden, denn Musik ist längst eng verwoben mit weiteren Kultursparten.  Gemeinsam mit dem Amt für Wirtschaftsförderung kuratiert das Open Source Festival seit drei Jahren eine Auswahl von zwölf regionalen kreativwirtschaftlichen Konzepten, die ihre Ideen auf dem Festival vorstellen. Kaum in einer anderen Stadt ist die Verflechtung von Musik und bildender Kunst so stark wie in Düsseldorf und kaum eine andere Stadt brachte bisher so viele namenhafte Künstler hervor, wie u.a. Kraftwerk, Neu!, Kreidler, Mouse on Mars, Stabile Elite…. Zwei von ihnen – Mouse on Mars und Stabile Elite – sind mit neuen Klängen erneut auf dem diesjährigen Open Source Festival vertreten.

Der Kunstblog Eures Vetrauens hat sich diese Verflechtungen von Party, Kunst, Musik und Kreativwirtschaft angesehen und Bilder mitgebracht.

Toykio | Cafe, Designertoys, Urban Vinyl, Kunst und Szenemagazine
www.toykio.com

Mentor – Die Leselernhelfer Düsseldorf
www.mentor-duesseldorf.de

S/ash
de-de.facebook.com/slash.hhu

Kiosk zum röhrenden Hirsch
teilmoebliert.com

Gallery Slowboy
www.slowboy.de

Boehm Kobayashi
www.boehmkobayashi.de

el rizo
elrizo.com

Nina Sagt
ninasagt.de

Filmfest Düsseldorf
www.filmfest-duesseldorf.de

New Fall Festival
www.new-fall-festival.de

Roooms Project
www.roooms-project.com

garArt
www.garart-vivarte.de

Unique Records
www.unique-rec.com

Open Source Festival 2012
30.06.2102 in Düsseldorf
www.open-source-festival.de

A Retrospective of Tomorrow’s Artists im Schillerpalais

Ein Fotobeitrag von Stefanie Ippendorf (Berlin)

 

Für >A Retrospective of Tomorrow’s Artists< haben sich die beiden Kuratorinnen Karin Anzivino und Ferial Karrasch buchstäblich auf Spurensuche begeben. Mit dem Thema „Spur“ im Gepäck, haben sie die Gerrit Rietveld Academie Amsterdam, die Kunsthochschule Weißensee, die Akademie der Künste Berlin, die Akademie für Bildende Künste Karlsruhe und die Hochschule für Gestaltung Karlsruhe nach jungen Talenten durchforstet und haben Kunststudenten gebeten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wohlwissenderweise, dass eine Retrospektive mit gerade am Beginn ihres künstlerischen Schaffens stehenden Künstlern zunächst paradox erscheinen mag, haben Anzivino und Karrasch sich für die Arbeiten von Maximilian Arnold, Claire Bamplekou, Anja Braun, Jan Erbelding,  Annika Kappner, Johanna Kotlaris, Susanne Lanckowsky,  EunHee Lee, Sarah Martín, Pedro Matias, Wataru Murakami, Kris Olbricht, Lisa Peters, Hanna Schaich und Claudia de la Torre entschieden und eine abwechslungsreiche Schau zusammengetragen, die nicht nur einen Blick auf die Kunst von morgen verspricht, sondern auch die vielseitigen Bedeutungsebenen des Begriffs „Spur“ analysiert.

wataru murakami, garten und berg
sarah martin, parasitic traces
pedro matias, i'm the drawing you're the reality
maximilian arnold, ohne titel
maximilian arnold, ohne titel, detail
lisa peters, membrana es mihi die haut an mir
johanna kotlaris, silence is not a feeling
jan erbelding, foto von glas
hannah schaich, 166mal1 schleifpapier
EunHee Lee, collection of worss searched by google
claudia de la torre, take one leave one
annika kappner, superflous I
anja braun, strich auf papier auf wand

 

A Retrospective of Tomorrow’s Artists
23. 6. 2012 – 2. 7. 2012
Schillerpalais e.V.
Lageplan_Schillerpalais
Kunst- und Aktionsraum
Schillerpromenade 4
12049 Berlin

 

Montag bis Freitag: 10:00 – 18:00 h
Telefon: 030 / 62 72 46 -70 / -73
info {ad} schillerpalais de
www.schillerpalais.de