Zu Inken Bojes Meteoiden

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

alle Bilder Courtesy Inken Boje

 

Von Inken Boje kannte man bisher eher die inszenierten Selbstporträts, die sie seit vielen Jahren produziert und in denen sie in die Identität von populären Künstlerfiguren schlüpft. Ihre skulpturale Arbeit, bestehend aus den sog. „schnellen Skulpturen“, also Objekten aus leichten Materialien, die rasch aufgebaut werden können, wurde verhältnismäßig selten gezeigt. Zwischen April und Oktober 2012 bekam man jedoch eine geballte Gelegenheit, sich mit Bojes Plastik auseinanderzusetzen. Und das Verb „auseinandersetzen“ ist hier nicht als Floskel zu verstehen. Auf neun öffentlichen Plätzen der Stadt stellte die Künstlerin ihre Werke für ein paar Stunden auf, ohne große Vorwarnung und ohne didaktisches Begleitmaterial. Werke, die für das gesunde Volksempfinden nicht unbedingt als Kunst identifizierbar waren. Und die völlig unterschiedliche Reaktionen hervorriefen.

Nachdem sie ihre ursprüngliche Idee beim Kulturamt nicht durchsetzen konnte (zunächst sollten massive Betonquader aufgestellt werden), arbeitete Boje an leichten Plastiken aus Pappe, Plastik, PU-Schaum und Klebefolie, die auf ausgewählten Plätzen aufgebaut wurden. Jede Aktion dauerte zwischen acht und zehn Stunden, mitsamt Auf- und Abbauphase. Während dieser Zeit blieb die Künstlerin stets am Ort des Geschehens und beobachtete, wie ihre Meteoiden – wie sie die Objekte nennt – bei den Passanten ankamen. Es ging also nicht darum, die Stadt auszuschmücken und mit neuen drop-sculptures zu bereichern, sondern den angeblich freien, öffentlichen Raum in Besitz zu nehmen. Darüber hinaus sollte festgestellt werden, wie diese Aneignung akzeptiert wird und, abseits des üblichen Kunstbetriebs, wie der „Mann von der Straße“ damit umgeht.

Wirklich ausufernd waren die Objekte von Inken Boje nicht. Weil sie im Atelier realisiert und später auf konventionelle Weise transportiert werden sollten, überstiegen sie nie drei Meter Höhe. Aber das reichte schon um übliche Durchgangspassagen zu sperren und einen kleinen Umweg zu erzwingen oder, bei Wind, leicht bedrohlich zu wirken. Und vor allem: Diese Haufen nicht-edler Materialien, die nicht unbedingt als neue Verkörperungen des Guten, Wahren und Schönen gehalten werden dürfen, stellten der Öffentlichkeit (zwar banale, aber nach wie vor berechtigte) Fragen: Ist das Kunst? Ist das schön? Muss ich von jetzt an damit leben? Wer nimmt sich die Freiheit, den öffentlichen Platz zu bespielen? Kann sich Jeder diese Freiheit nehmen?

 

Für die Aufstellung ihrer Meteoiden, hatte Boje Orte in der Stadt ausgewählt, die neu gestaltet wurden. Der Oberbilker Markt, der große Platz an der Bonner Straße in Holthausen, der Apollo-Platz am Rhein oder der Friedensplatz in Bilk sind alles öffentliche Räume, die in den letzten fünfzehn Jahren erneuert wurden. Diese Veränderungen gehen immer mit einer notwendigen Neuorientierung ihrer Benutzer einher, mit einer Anpassung ihrer Gewohnheiten. Diese vielfachen Neugestaltungen führen aber zwangsweise auch zu tiefgreifenden Veränderungen im gesamten Viertel. Die Plätze werden kleiner oder größer, Märkte etablieren sich oder verschwinden, zusätzliche Fahrspuren werden auf- oder zurückgebaut, etc. Das lässt die Bewohner nicht kalt. Und wenn plötzlich auch noch eine unerwartete Skulptur aus heiterem Himmel fällt, dann können schon die Emotionen hoch kochen.  Inken Bojes Meteoiden wirkten daher wie das Brennglas eines (mikroskopischen) Wandels im städtischen Raum. Auf ihnen konnte sich der Frust entladen, durch sie konnte sich die Zufriedenheit ausdrücken. Im Oberbilker Markt, wo die Neugestaltung zu mehr Verkehr und weniger Aufenthaltsqualität geführt hat, entwickelten sich spannungsgeladene Gespräche mit den Anrainern, die das bisschen noch verfügbaren Raum aggressiv verteidigten. In Holthausen hingegen, wo unverhofft ein sehr großer Platz mit Spielgeräten, Bänken und Bäumen entstand, bekam die Künstlerin die spontane Hilfe von Nachbarn und deren Anerkennung.

Die Lebensqualität in einer Stadt lässt sich nicht allein an ihrer niedrigen Arbeitslosenquote, an der Anzahl von Schulen und Kindergärten oder an ihrem Freizeitangebot messen. Auch eine sinnvolle, humanistische Stadtgestaltung, die in der Lage wäre, Interaktionen zu provozieren und den heterogenen Menschenfluss zu lenken oder zu verankern ist überlebenswichtig. Da wo öffentliche Plätze entstehen, kommen unterschiedliche Menschen zusammen; sie kommunizieren miteinander und identifizieren sich mit dem Ort, an dem sie sich befinden. Sie finden ihren Platz. In dieser Sache hat Düsseldorf in der Nachkriegszeit – wie viele andere Städte, die sich hauptsächlich auf die Bedürfnisse des motorisierten Verkehrs eingestellt haben – völlig versagt. Plätze sind von Straßen entzweit worden, sind zum Kreisverkehr verkommen. Die Baufehler der Vergangenheit werden nicht korrigiert. Gerade in der Landeshauptstadt, die in etlichen City-Rankings gut abschneidet (es kommt eben auf die Kriterien an), sucht man mit Mühe nach öffentlichen Plätzen, die ein Gefühl der Gemeinschaft unterstützen. An diese Tatsache haben Inken Bojes Meteoiden erinnert.

Bojes Skulpturen wurden übrigens nach ihrem Einsatz auseinandergebaut und sind nur noch fragmentarisch vorhanden. Ihre erneute Präsentation im white-cube-Kontext erscheint nicht besonders sinnvoll…

 

Body Light bei Venus und Apoll

Venus&Apoll ist der Onffspace-Ableger der in Düsseldorf ansässigen JULIA STOSCHEK COLLECTION. Begleitend zum jährlichen Rundgangspektakel an der Akademie eröffnete dort am vergangenen Freitag Abend die Gruppenausstellung Body light, mit den Teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern Ben van den Berghe, Kira Bunse, Isabella Fürnkäs, Dominik Geis, Manuel Graf, Alex Grein, Tobias Hoffknecht, Sarah-Jane Hoffmann, Anna K.E., Melike Kara, Magdalena Kita, Anna-Lena Meisenberg, Tanja Ritterbex, Hermes Villena, Jonas Wendelin und Sophie Wilberg-Laursen.

Und auch wir hatten fest vor darüber eine Bildstrecke zu machen!
Leider, leider kamen wir aber nicht bis zum Worringer Platz, sondern sind dann keine 200 Meter von zu Hause entfernt am Fürstenplatz im Bar/Cafe Appartement hängen geblieben – und dort ganz klassisch versackt.
So gab es für uns Zündkerzen statt Videokunst und am nächsten Tag nen dicken Kopf…

Was für ein Glück aber, dass es noch andere Blogger gibt, die über mehr Disziplin und Einsatzbereitschaft verfügen und in solchen Fällen aushelfen können. Deshalb hier der Verweis auf die Kolleginnen und Kollegen vom artfridge-Blog, denen es gelungen ist eine Bildstrecke mitzubringen.
Zum Ansehen bitte kurzer Klick auf das Bild oder hier.

via artfridge
Venus & Apoll 
Worringer Platz 8
40210 Düsseldorf
Opening Hours: Daily, 12 – 18 h

Neues aus Hamburg: Carola Deye – Sorry Safari und Tillmann Terbuyken – Spitzen

Dank der Unterstützung der frisch nach Hamburg gezogenen, jungen Künstlerin Theda Schillmöller werden wir ab jetzt und in den kommenden Monaten etwas tiefer in die Kunstszene der norddeutschen Hafenstadt einsteigen – eine Stadt im übrigen, die auch für einen Teil der Perisphere schon einmal zwei Jahre lang Heimat gewesen ist, bevor es dann ins Rheinland ging.
Zur Feier des Tages und weil man auch mal was verrückter tun muss, machen wir den Auftakt – ganz untypisch für uns – mit einem fotografischen Doppel zu zwei Räume.

Danke Theda!

Tillmann Terbuyken präsentiert Spitzen bei Isa Maschewski

Der Maler und Bildhauer Tillmann Terbuyken eröffnete letzte Woche seine Ausstellung ‚Spitzen‘ im Projektraum Isa Maschewski in der Admiralitätstraße. Er zeigt Arbeiten aus den letzten sieben Jahren. Zeitgleich ist eine Auswahl seiner Arbeiten in der Ausstellung ”Passagen und Werkzustände” bei KM in Berlin zu sehen. Beide Ausstellungen laufen noch bis März 2013.

Carola Deye zeigt Sorry Safari im Goldbekhof

Carola Deye, Gastkünstlerin im Goldbekhof 2012, zeigte am 31.01.2013, ihre Abschlussausstellung ‚Sorry Safari‘. Deyes Arbeiten beziehen sich auf die gleichnamige Tom & Jerry-Folge und spielen u.a. mit Stolperfallen und Perspektivverschiebungen. Der Großteil ihrer Arbeiten ist während ihres einjährigen Aufenthalts im Gastatelier Goldbekhof entstanden und kann, je nach Räumlichkeit, sowohl zweidimensional, als auch dreidimensional ‚gelesen‘ werden. Deyes Arbeiten sind tiefgründig und humorvoll zugleich – dieser Spagat gelingt ihr ganz gut, finden wir.

spitzen
tillmann terbuyken
Projektraum Isa Maschewski
Admiralitätstr. 71
20459
Hamburg

Ausstellung: 25.01.2013 – 21.03.2013
Öffnungszeiten: Dienstag – Donnerstag 14 – 18 Uhr
und nach Vereinbarung
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sorry safari
Carola Deye
Goldbekhof
Moorfuhrtweg 9 B
22301 – Hamburg

Rundgang der Kunstakademie Düsseldorf 2013

eine Bildstrecke von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

 

Alle Jahre wieder… Ein sehr langer (aber selbstverständlich nicht vollständiger) Rundgang durch den Düsseldorfer Rundgang. Wahllos, hierarchiefrei, so sachlich, wie nur möglich. Mit schönen Grüßen aus dem Echtzeit-Archiv. Für Hinweise auf falsche Zuordnungen und Versäumnisse sind wir dankbar.

Die Seite wächst nach und nach bis zum Ende des Rundgangs am 24.2.

 

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Western Typologies und Facebook Soldiers – zwei Projekte über private Bilder öffentlicher Kriege aus den globalen Netzwerken

Der Düsseldorfer Gestalter und Künstler Thomas Artur Spallek ist ein umtriebiger Zeitgenosse. Gemeinsam mit den Moxies zeichnet er sich unter anderem für die Gestaltung der Plakatkampagnen der Tonhalle Düsseldorf mitverantwortlich. Darüber hinaus betreibt er gemeinsam mit Albert Naasner, George Popov den eigenen Independent Verlag TFGC Publishing mit dem wir widerum gerade das Books&Blankets-Projekt planen und umsetzen. Und als wäre all das noch nicht genug, studiert er auch noch Kommunikationsdesign an der FH-Düsseldorf, weilt aktuell allerdings für ein Auslandssemester in Portugal.

Neben all diesen Arbeiten, als Verleger, Organisator und Gestalter im Auftrag der Anderen geht Thomas Spallek zusätzlich noch eigenen künstlerischen Projekten nach. Über zwei dieser Projekte habe ich mich mit Ihm unterhalten. Thomas war darüber hinaus so freundlich, das besprochene Bild- und Textmaterial als Video aufzubereiten. Mit diesem kurzen Video steigen wir in die beiden Projekte und das Gespräch ein.

Im Gespräch mit Thomas Artur Spallek

Perisphere:
Thomas, erklär doch bitte noch mal kurz worum es in Western Typologies und dem Vorgängerprojekt Facebook Soldiers geht.

Thomas Artur Spallek:
Es geht vor allem um Menschen und Ihre Verbindung durch das Internet. Es geht aber in beiden Serien auch um Menschen die für etwas kämpfen.
Das Internet hat es mir erst möglich gemacht in Bildern anderer Leuten zu suchen. Gäbe es das nicht, würde ich wahrscheinlich meine Bilder in alten Fotoalben auf dem Flohmark suchen. Das spannende ist wie nah das Internet zwei unterschiedliche Menschen bringen kann. Dieses Idee versuche ich in meinen freien Arbeiten weiter auszureizen.

Facebook soldiers, 2012
Facebook soldiers, 2012
Facebook soldiers, 2012
Facebook soldiers, 2012

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Formation – Peles Empire im Cell Project Space

von Benny Höhne (London)

 

Peles Empire – der Name scheint Programm zu sein bei Katharina Stoever (*1982) und Barbara Wolff (*1980), demjenigen Duo, das sich hinter dem Großmachtstatus beanspruchenden Alias verbirgt. Seit nunmehr acht Jahren leben und arbeiten die beiden Künstlerinnen in London, wo sie im Jahr 2005 ein Kollaborativprojekt gründeten, dessen Namen sie dem rumänischen Schloss Peleş entlehnten. Aber nicht nur ihr Name, sondern das gesamte Werk der zwei jungen Damen, die ausschließlich als Duo arbeiten, entspringt ausnahmslos diesem am Fuße der Karpaten, zwischen Transsilvanien und der Wallachei gelegenen Neorenaissance-Schlosses, das allem Anschein nach Quelle höchster Inspiration ist.

Formation 7  (digital prints on paper, 275 x 440cm) und Formation 2-6 (Porzellan und schwarzer Ton) (Bild: Damian Jaques)

Ausgangspunkt ihrer aktuellen Solo-Show FORMATION im Londoner Cell Project Space ist der Waffensaal des Gebäudes, den sie neben anderen Räumen des Schlosses bereits für vergangene Ausstellungen installativ interpretiert und rekonstruiert haben. Dabei präsentieren Peles Empire eine Gruppe von Arbeiten bestehend aus skulpturalen Objekten und digitalen Prints, welche das Verhältnis verschiedener Transformationsmöglichkeiten von Raum, Zeit und Materialität auszuloten scheint.

Formation 7. (Bild: Damian Jaques)

Dem Besucher begegnen zunächst zweidimensionale Rückführungen und Neuinterpretationen der ursprünglich räumlichen Nachbildungen des Waffensaals. Zwei große Schwarz-Weiß-Drucke unterteilen den Ausstellungsraum in drei gleichgroße Abschnitte und umgeben den Besucher als mehrfach verzerrte, digital modifizierte Version des originalen Schlossraumes, der hier visuell bis zur Unkenntlichkeit entfremdet ist. Nur puzzlehaft lassen sich Rückschlüsse ziehen auf ein ursprüngliches Ganzes, das von Stoever und Wolff fortlaufend – hierin ist ein Grundschema ihres Arbeitsprozesses zu erkennen – transformiert, permutiert und re-arrangiert wird.

Formation 8 (digital print on paper, 250 x 280cm). Bild: Mariell Amélie
Formation 8 (Bild: Marielle Amélie)

In FORMATION wird dieses Konzept mit fünf in einer Reihe auf dem Boden positionierten Objekten auf die Spitze getrieben. In einer subjektiven Wiedergabe einzelner abstrakter, aus den Fotomontage-Kulissen herausgegriffener Formen und Strukturen führt das Duo die vorherige Umwandlung von Raum zu Fläche in skulpturale Dreidimensionalität zurück und entfernt sich mit dieser abermaligen Umwandlung umso weiter von seinem Ausgangspunkt. Durch die untypische Materialkombination von weißem, unglasiertem Porzellan und Black Grog, einem schwarzen, grobkörnigen Pigment, verbinden sich die Keramiken einerseits mit der Farbigkeit der Fotokopien, stoßen sich durch ihre schroffe Oberflächenstruktur aber andererseits von den glatten Bildwänden ab, was für ein deutlich spürbares Spannungsverhältnis unter den verschiedenen Arbeiten sorgt.

Formation 7 und 1 (Prints auf Papier, je 275 x 440cm) und Formation 4-6, (Porzellan, schwarzer Ton). (Bild: Mariell Amélie)
Formation 5. (Bild: Mariell Amélie)
Formation 4. (Bild: Mariell Amélie)

Die Metamorphose ihres architektonischen Namensgebers vollzieht Peles Empire in einer zweiten Objektgruppe auch mit den im Waffensaal des Schlosses erhaltenen Artefakten, die als abstrahierte Keramik-Reproduktionen von Lanzen oder Speeren im hinteren Galerieraum gegenüber einer Collage aus geschredderten Schwarz-Weiß-Drucken an der Wand staffiert sind und die Ausstellung abschließen. Auch diese Arbeiten können im Hinblick auf eine zusammenfassende Einschätzung von FORMATION als berechtigter Versuch der Künstlerinnen gewertet werden, einen historischen Raum zu visualisieren, der seiner selbst allerdings so weit entrückt ist, dass der Betrachter sich in einer auf Realem basierenden Utopie wiederfindet, einem von Stoever und Wolff herbeigewünschten Ort, der hier in abermaligen Transformationen zu einem kuriosen Nirgendwo mutiert ist.

Formation 9 (Porzellan, schwarzer Ton, 212 x 58cm) und Formation 10 (Porzellan, schwarzer Ton, 212 x 58cm). (Bild: Mariell Amélie)
Formation 9. (Bild: Mariell Amélie)
Bild: Mariell Amélie

Nicht nur künstlerisch, auch kuratorisch sind Peles Empire höchst aktiv. Unter gleichem Namen betreibt das Duo momentan zwei eigene Off-Spaces in London und Cluj, in denen die zwei Städel-Absolventinnen bei regelmäßig stattfindenden Ausstellungen mit anderen Künstlern kollaborieren – demnächst wieder Ende Februar in London. Ihre nächsten Solo-Shows haben Peles Empire im März im Kunstmuseum Stuttgart, sowie im Mai in den Glasgower Sculpture Studios.

 

FORMATION – Peles Empire
31. Januar – 17. März 2013
Cell Project Space
258 Cambridge Heath Road
London E2 9DA
Öffnungszeiten: Fr – So, 12 – 18 h

Ein Päckchen für Julian Assange von der !Mediengruppe Bitnik

Hammer! Einfach Hammer!
Warum?
Lesen!

Heute Mittag machte mich Antje Winkler (Danke nochmal!) in einem Skypechat auf die !Mediengruppe Bitnik aufmerksam, dich ich zu meiner Schande bis Dato noch nicht so recht auf dem Schirm hatte.

„Die !Mediengruppe Bitnik interessiert sich in ihren Arbeiten für mediale Systeme, mediatisierte Wirklichkeiten und Live-Medien. Diese reproduziert und manipuliert sie in einer Weise, dass sie der Betrachterin eine neue Sichtweise auf die Mechanismen ermöglicht. Dazu bedient sich die !Mediengruppe Bitnik der Strategien des Hackings und erweitert diese zu einer Praxis des Umnutzens, Neuausrichtens und der Kritik. Als künstlerischer Eingriff in ein bestehendes System bedeutet Hacking, dass das gehackte System für andere Nutzungen, Neunutzungen und Umnutzungen geöffnet wird.“ [1]
Über die traditionellen Verbindungen von Hackerkultur und Künstlern hatte ich vorgestern hier bereits geschrieben und will Euch deshalb heute nich länger damit aufhalten.

DELIVERY FOR MR. ASSANGE

Fakt ist, !Mediengruppe Bitnik hat im Janur einen ganz wunderbaren Hack hingelegt in dem sie ein, mit einer Webcam ausgestattes und an Wikileaksgründer Julian Assange adressiertes Päckchen in die Botschaft von Ecuador verschickt haben. Die Kamera in dem Paket war mit einem Computer kombiniert, dieser wiederum schickte alle 10 Minuten Snapshots über das Netz und machte zeitgleich ein Update auf Twitter.
So war es möglich den Weg des Päckchens und das was damit geschah vom Aufgeben im Postamt bis hin zur finalen Auslieferung über Twitter live mit zu verfolgen.

Innenansicht des Pakets mit Blick auf, Technik, Batterien und Sender

Die Mediengruppe Bitnik nennt das ganze ein „REAL_WORLD_PING, a SYSTEM_TEST, inserted into a highly tense diplomatic crisis“ (für die Nichttechniker unter uns: Ping ist ein ein Programm zum Testen eine Netzwerkverbindung).  Nun sind die Damen¿ und Herren¿ des Kollektivs nicht die ersten die sowas machen, wie der Kollege Rene Walter vom Nerdcore-Blog schreibt,  denn der Künstler Tim Knowles hat so etwas in der Art 2006 bereits einmal gemacht. Uns macht das aber nichts, denn die Idee so etwas dann in dem Kontext Julian Assange/Wikileaks zu machen ist trotzdem einfach großartig.

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Ubermorgen.com in der Fach und Asendorf Galerie

Netzkunst. Von der Nische ins Spektakel und zurück ins Off.

Netzkunst und künstlerische Experimente mit diesem, unseren Medium gibt es seit den Anfangstagen des Internets. Und obwohl es Ende der 90er Jahren durchaus eine Art Hype gab, ist die Netzkunst Teil einer Nische und Bestandteil der Offkultur geblieben. Dies im übrigen trotz, oder eventuell auch gerade wegen des unfassbar rasanten Wandels des Netzes zum Massenmedium innerhalb der vergangenen zehn Jahren.
Die Kunst, oder das was von den Institutionen unserer Zeit als solche hoch gehalten wird, tut sich allerdings nach wie vor schwer mit diesem Medium, zu wenig verwert- oder ausstellbar sind die Ergebnisse in den meisten Fällen.

Dabei versprach dieses neue Medium ungeahnte und vielversprechende Möglichkeiten für Künstler. Die Netzwerkverbindungen ermöglichten einen direkten Kontakt zu Kollegen und Publikum, ganz ohne störende Galeristen, Kritiker, Kunstvermittler, Kulturmanager oder andere parasitäre Figuren dazwischen. Es bot neue Formen der Publikation und Möglichkeiten für Experimente mit Autorschaften und Anonymität, welche bei konsequenter Durchführung am Ende sogar die Künstler selber endlich überflüssig gemacht hätten.
Die Fluxusidee, dass alles Kunst werden solle und jeder ein daran mitwirkender Künstler sei, erlebten hier in modifizierter Form eine Rennaissance und die damit verbundenen Überschneidungen zwischen Künstler- und Hackerkultur waren zahlreich und sind es auch heute noch. Anonymous, der strukturlose Hackerschwarm, der mittlerweile eine gewisse Bekanntheit erreicht hat, geht auf diese Ideen der offenen subjektlosen Strukturen zurück.
Schon in der ersten Generation der Netzkünstler die sich in den 90er jahren mit der neuen Technologie auseinander setzte war die Kultur der Hacker deutlich zu spüren. Vorhandenes umzunutzen, oder in bestehende Systeme einzudringen, prägte die Arbeit der damals aktiven Protagonisten.

Mediahack and Intervention by UBERMORGEN.COM

Eine herausragende Künstlerformation, die die Idee des Hackens sowohl auf technologische als auch auf soziale Systeme anwendete war und ist UBERMORGEN.COM, bestehend aus dem, mittlerweile zur vierköpfigen Künstlerfamilie transformierten, Künstlerpaar Hans Bernhard und lizvlx.

UBERMORGEN.COM lizvlx & Hans Bernhard mit Guantanamo Bay Aufseher Chris Arendt

Die beiden haben in den vergangenen beiden Jahrzehnten den ein oder anderen spektakulären medialen Hack hingelegt und sich damit mehr als einmal Ärger mit Behörden und großen Unternehmen eingehandelt, über dies aber auch einen Namen im internationalen Netzkunstjetset gemacht.

Einer dieser medialen Superhacks der international für Aufsehen sorgte war die ‚Vote Auction‚ zur US-Wahl 2000. „Voteauction was a Website which offered US citizens to sell their presidential vote to the highest bidder during the Presidential Elections 2000, Al Gore vs. G.W. Bush.“ Die Idee des Netzes als Medium einer Aufklärung und einer subversiv kritischen Halltung gegenüber den bestehenden Machtverhältnissen ist hier schon deutlich spürbar.

In den vergangenen Jahren hat sich das Netz, dessen Nutzung und seine Funktion verwandelt, Konsum und E-Commerce haben massiv an Bedeutung gewonnen. Den damit einhergehenden Transformationsprozess haben UBERMORGEN zwischen 2005 und 2009 in der EKMRZ-Trilogy aufgearbeitet.

Google will eat itself – Teil der EKMRZ trilogy – Installation, The Premises Gallery, Johannesburg/South Africa

Transformation des Freiheitsversprechen

So langsam wird deutlich, dass sich die früheren Freiheitsversprechen des Cyberspace nicht bewahrheitet haben. Oder zumindest anders als gedacht, denn die Freiheit die sich aktuell über die Datenkabel des Computernetzwerks verbreitet ist in erster Linie die Freiheit der Unternehmen und der von ihnen umkämpften Märkte. Die zugehörige, konsumierende Masse dominiert dabei mehr und mehr die virtuellen Debatten. Ob diese Dominanz nun aber mit der ihnen zugeschriebenen Weisheit oder mit stumpfer, als Basisdemokratie getarnter Pöbelei einhergeht, bleibt vorerst offen. Die Grenzen und Überlagerungen zwischen den beiden Polen sind wie so oft fliessend. Zumindest aber, so lange das zu Grunde liegende sozialpolitische Programm Konsum heißt, wird der Trieb und damit der Mob die Richtung vorgeben.
Onlinepetitionen, Bürgerbeteiligung per Shitststorm und Entrüstungsorgien auf Facebookunternehmensseiten sind zwar groß in Mode, die Beschäftigung mit den angeprangerten Missständen endet aber nicht selten mit dem Klick.
Einige der aktivsten, selbst ernannten Freiheits-Datatypisten treten seit einigen Jahren als Partei organisiert aus der wütend klickenden Masse heraus, sind aber bis heute die Antwort schuldig geblieben was sich denn nun eigentlich mit den neuen Kommunikationsmitteln ändern solle. Und einzelne aus diesem Umfeld inszenieren sich ungeniert heldenhaft als Freiheitskämpfer, fordern aber in erster Linie nur Freiheit für die eigene Einfältigkeit und die dort gefeierte naive Weltsicht.
Aber nicht das wir uns falsch verstehen, Netzneutralität sowie freie, unbeachtet Kommunikation und Open-Access sind unzweifelhaft wichtig und bedeutend. Alleine damit ist es aber eben auch nicht getan, denn man muss schon auch wissen, was denn kommuniziert werden will.

Die zweite Generation und die New Aesthetic

Fast unbemerkt ist während dessen eine neue Generation von Künstlern herangewachsen, die nun dabei sind neue künstlerische Strategien, Formate und Stilrichtungen im Umgang mit dem immer noch jungen Medium zu entwickeln. Metamoderne ironische Ernsthaftigkeit und eher spielerischer Umgang mit dem vorgefundenen Fundus der digitalen Popkultur sind Kennzeichen dieser neuen Richtung in der Netzkunst.  Kim Asendorf und Ole Fach sind zwei Protagonisten dieser nächsten Generation. Gemeinsam betreiben sie die halb im Ernst, halb im Spaß die Onlinegalerie f&a.org in der Ende 2012 eine der neuesten Arbeiten von UBERMORGEN.COM zu sehen war.

Dailiy Doodle heißt das Projekt welches mit Hilfe des Onlineabstimmunstools doodle den Onlineaktivismus, auch genannt Slacktivism thematisiert und persifliert. Berliner Gazette-Autorin Jillian C. York beschreibt die Slacktivisten in ihrem Artikel Mit ein paar Klicks vom Sofa aus die Welt retten? wie folgt „Sie sind als „Sofa-Aktivisten“, zu faul zum Protestieren auf der Straße, klicken den Facebook-Like-Button oder retweeten etwas in der Annahme, dass die reine Zustimmung etwas bewirken kann. Dem Slacktivisten wird vorgeworfen, er steuere minimalen Aufwand bei und wäre dabei noch unverdientermaßen stolz auf seine Leistung“.

Die hier formulierte Kritik setzen UBERMORGEN.COM bei Fach&Asendorf in die Praxis um in dem sie jeden Tag überlebenswichtige und gesellschaftsrelevante Fragen online zur Doodle-Abstimmung brachten.

Die Screenshots fa-g.org/2012/ubermorgencom-dailydoodle

 

UBERMORGEN.COM brachten bei Fach und Asendorf einen Monat lang täglich Fragen die die Welt bewegen zur Abstimmung ein. Alle weltweit angeschlossenen Onliner konnten über das Mitmachnetz 2.0 teilhaben und partizipieren.

Das Doodle-Abstimmungstool wird vielfach für die unterschiedlichsten Fragen genutzt. Oft geht es darum gemeinsame Termine zu finden, diesmal um die Fragen für oder wider Gerechtigkeit.

Ein offenes Kunstwerk

»Der Konsument ist ‘am Machen des Werkes beteiligt schreibt Umberto Eco 1962 im ‚Offenen Kunstwerk‘. Rückwirkend betrachtet stimmt diese Aussage hier in doppeltem Sinne. Neben dem ironisch, spielerischen Umgang mit den partizipativen Möglichkeiten des Netzes, ist die prozesshafte und transparente Entwicklungsarbeit für das Projekt durchaus bemerkenswert.

Denn, wer so wie ich UBERMORGEN.COM bereits seit längerem über deren Twitteraccount folgte, war schon in den Monaten davor Zeuge der Versuche mit der Doodle-Befragungen. Allerdings ohne zu wissen was es damit auf sich hat, denn die thematische Ausrichtung war damals noch nicht recht absehbar.

In der Twittertimelin sind die Experimente mit dem Material des Projekts auch jetzt noch zu verfolgen und so wird nicht nur das Endergebnis der Arbeit, sondern auch Teile des zugehörigen Entstehungsprozesses und der Umgang mit dem Material für Aussenstehende nachvollziehbar. Was in der finalen Show bei Fach und Asendorf dann pointiert und präzise erscheint, war Monate zuvor noch rohes, zuweilen auch infantiles Herumprobieren.

Das Sichtbarmachen der öffentliche Entwicklungsgeschichte ist eine Form der Transparenz und Offenheit wie sie aktuell nur selten in zeitgenössischen künstlerischen Arbeitsprozessen sichtbar wird. Zu sehr ist künstlerisches Schaffen derzeit auf die Produktion von fertigen, finalen Werken und deren fest definierter Dokumentform ausgerichtet.

Es ist aber äußerst beruhigend zu sehen, dass die vorausgehenden Experimente in der Twitteröffentlichkeit dem präsentierten Ergebnis nicht geschadet haben. Es hindert uns also nichts daran, weiterhin in dieser Richtung zu experimentieren und damit auch wieder dem kreativen Prozess selber eine höhere Wertigkeit gegenüber dem finalen Werk einzuräumen. Mit Blick auf die aktuelle Phase einer fast autistischen Marktorientierung künstlerischer Produktion, zeigen sich hier spannende Aspekte und eventuell auch Alternativen des Schaffens, weg vom toten Artefakt hin zum lebenden Prozess.

‚Daily Doodle‘ by UBERMORGEN.COM
in der Fach und Asendorf – Galerie
http://fa-g.org/2012/ubermorgencom-dailydoodle

Urban Structures auf der Flurstrasse 16

eine Bildstrecke von Emmanuel Mir (der an diesem Tag nur mit einer Schnappschusskamera unterwegs war und um Nachsicht bietet)

 

Flingern did it again. Immerhin ist der ehemalige Gemüse- und Obstladen, bei dem Keiner einkaufte weil es nicht auf dem Weg lag und die Petersilie schon verfault war, nicht von einer Agentur für Grafikdesign oder von einer Boutique für überteuertes (aber handgemachtes) Nippes ersetzt worden. Aber, schlimm genug, der Laden ist schon wieder von Künstlern übernommen worden. Vielleicht. Möglicherweise. Wenn alles gut geht, soll ab sehr bald ein Projektraum entstehen. Das Konzept ist einfach: Fünf Künstler schmeißen zusammen um die Miete zu bezahlen und laden, je zwei Mal im Jahr, in die sehr schönen Räume ein. Es ist noch zu früh, um von einem Programm zu sprechen. Aber das wichtigste ist vorhanden: Die Energie. Diese Idee ist auf den Mist von Robert Pufleb, der sich in der Vergangenheit bereits durch seine weihnachtlichen Kunstsalons ausgezeichnet hatte, gewachsen. Da der Mann ein sicheres Händchen beweist und einen strammen Gang hat, könnte die Chose schneller über die Bühne gehen, als man glaubt. Sehr gut! Wir freuen uns darauf!

Andreas Zimmermann

Wand: Robert Pufleb
Andreas Gefeller
Andreas Gefeller
Robert Pufleb
Josef Schulz

 

Urban Structures
Mit: Andreas Gefeller, Robin Merkisch, Robert Pufleb, Josef Schulz, Andreas Zimmermann
auf der Flurstrasse 16
2-3.2.2013, 14-20 Uhr

Ted Green auf der Flurstraße 16

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

 

Höchst untypisch: Ein ehemaliger Lüpertz-Schüler verweigert die auktoriale Hoheit über seine Arbeit, schert sich nicht um subjektives Ausdruckspathos und verschwindet regelrecht hinter dem malerischen System, das er zwischen der Leinwand und seiner Person errichtet hat. Dieser Maler heißt Ted Green und ist einer der zwei Köpfe des Projektraumes Gagarin. Als Maler bisher selten zu sehen, erscheint er nun verstärkt in der kleinen Düsseldorfer Öffentlichkeit und sucht die Konfrontation mit dem Publikum. Er ergreift die Chance einer Zwischennutzung und verwandelt einen ehemaligen Gemüseladen in eine Galerie. Dort hängen fünf Gemälde in sehr verschiedenen Formaten.

 

Die abstrakten Werke des US-Amerikaners kommen zunächst zeitgemäß-schick daher. Die Schablonenformen seiner Bilder, die sich meistens in symmetrischer Anordnung entfalten, erinnern in ihren Einzelheiten an manche Graffitis (Technik und Geste) oder an Rorschach-Tests (Komposition). Die wilde Bildsprache greift auf zugleich intensive und harmonische  Farbverhältnisse zurück und kann ihre Neigung für die glatte Schönheit des Ornaments nicht verbergen. Das geht sogar bis zur Einbeziehung einer Wand in eine Komposition (und vice-versa); eine Geste die nicht unbedingt als ironischer Augenzwinker zu verstehen ist.

Alles wirkt handwerklich gekonnt und optisch schmeichelhaft. Alles wirkt kalkuliert. Ein Verdachtsmoment entsteht in dieser frühen Rezeptionsphase: Ist Green einer dieser Maler, der auf eine halbwegs innovative Formel gekommen ist und sich nun in Trendsetting ausprobieren will? Die geschickte Paarung aus einem zurechtgebogenen Quasi- Informel und einem vermeintlichen Street-Art-Duktus ist ja kommerziell vielversprechend…

Bei genauerer Betrachtung und im Gespräch mit dem Künstler verflüchtigt sich jedoch der anfängliche Verdacht. Die ästhetische Verführung von Greens  Bildern, die teilweise an Gefälligkeit grenzt, ist nicht das Ergebnis einer marktorientierten Strategie sondern das Produkt des Zufalls. Die durchaus ansprechenden, teilweise komplex miteinander verflochtenen Grafikmuster entstehen durch die strenge Einhaltung ein paar selbstauferlegter Gesetze. Die formellen Entscheidungen des Malers in Hinsicht auf Farbe, Textur und Form werden gewürfelt oder gelost. Bevor er seine Pinsel anrührt, konstruiert Green kleine tabellarische Systeme, die aus Zahlen- oder Buchstabenreihen bestehen und in das Verhältnis zu Material, Duktus oder Form gebracht werden. Diese Tabellen bestimmen die Hauptachsen der Komposition: Wird eine Drei gewürfelt, soll die festgelegte Schablonenform grün werden; bei einer Sechs soll sie gelb sein. Oder so ähnlich.

Ein anschauliches Beispiel: Die feinen, kringelnden, roten Striche einer Komposition sind nicht das Ergebnis einer automatischen, nervösen Schrift (obwohl sie genau danach aussehen) sondern die von Googlemap errechneten Routen zwischen zwei europäischen Städten, welche Green in einem Losungsverfahren gepaart hat. Mit dem Würfel bestimmt er weiterhin die Malgeschwindigkeit oder die Größe seiner Pinsel, die Reihenfolge der Farbschichten und weitere entscheidende Bestandteile seiner Bilder. Die Palette an Möglichkeiten ist begrenzt, innerhalb dieser Palette hat der Künstler prinzipiell nichts zu melden – wobei er sich immer wieder erlaubt, nachträgliche „Korrekturen“ vorzunehmen. Da wo man also eine bewusste und durchdachte Handlung sehen möchte, handelt es sich um die Folgen eines absurden Programms, das den künstlerischen Entschluss größtenteils ausschaltet. Alles ist hier nur gespielt; und die Regeln des Spiels bestimmen das Bild.

Alte Kamelle? Damit haben Richter und Polke bereits gespielt, damit spielen seit eh und je Francois Morellet und Bernard Venet? Ja und? Der konzeptuelle Ansatz von Ted Green erhebt nicht den Anspruch, den kreativen Akt auf innovative Weise infrage zu stellen oder manche Klischees über Malerei (betr.: Inspiration, Intuition, Spontanität, Genietum, etc.)  ironisch zu dekonstruieren. Dafür kommen seine akribischen Allover definitiv zu spät – zumindest in dieser Form. Aber ob Gemälde von Menschen oder von Systemen generiert werden ist letztendlich zweitrangig. Wenn man wirklich davon ausgeht, dass jedes Bild dieser Welt bereits gemalt worden ist und dass das „Neue“ in der „neuen Malerei“ (das saisonal neu definiert wird) ein Betrug ist, erscheint Ted Greens Herangehensweise zumindest luzid und ehrlich.

Ted Green
Ersatz Woddpeckers of Central Flingern
Ted Green
Flurstr. 16
20.1-28.1.2013
Am gleichen Standort findet übrigens am 2.2 und 3.2. eine feine Fotoaustellung, worüber wir gleich noch berichten werden.