THE WRONG ROUTER im NRW Forum

‚thewrong.org is the worlds most net art biennale of the world. it consists of a planet scale digital swarm of webpages, shows and various exhibition formats contextualizing digital issues in a serious and playful way.‘

Es mag sein, dass man das in der alten Kunstwelt anders sieht aber Fakt ist, THE WRONG ist die derzeit wohl wichtigste Biennale der Welt. Über 1000 KünstlerInnen, KuratorInnen und ProgrammierInnen arbeiten simultan, heterogen, dezentral und ohne Hierarchien dafür aber offen vernetzt gemeinsam an einem globalen Projekt zusammen.
Am Ende kommt ein anarchistisches über den gesamten Globus verteiltes internationales Rhizom aus dutzenden von Webseiten, Events und Shows zusammen, jede für sich oftmals ein eigenständiges Kunstwerk, gemeinsam zugänglich gemacht und versammelt auf der Webseite der Biennale, im Schwarm kommuniziert über das Netz und die sozialen Netzwerke. Und – diese eitle Anmerkung sei mir an dieser Stelle bitte erlaubt und verziehn – ich bin wirklich Stolz darauf dem Beirat dieses großartigen Projekts angehören dürfen.

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IN DER FALLE?

IN DER FALLE?

Hat sich das Netz durch Soziale Netzwerke von einem offenen, quasi grenzenlosen Kommunikationsraum in eine Falle der Aufmerksamkeitsökonomie verwandelt? In eine Falle in der die psychosozialen Grundbedürfnisse nach Information und Interaktion nun zur Droge [0] gewordenen sind und als Köder für den unseren Wahrnehmungsfokus fungieren?

Das Netz, mit dem wir es heute zu tun haben, scheint kein Ort der kommunikativen Emanzipation und des sozialen Interagierens mehr zu sein. Vielmehr ist es zunehmend ein Raum in dem vor allem das Gegenteil geschieht, in dem Kommunikation nämlich permanent misslingt. Wer sich Debatten in Foren, auf Facebook oder auf Twitter anschaut, stellt fest, dass im Zentrum der Interaktionen nicht mehr der Austausch von Argumenten, von Wissen und von Informationen steht, sondern vor allem Anderen das Generieren von möglichst vielen hochpotenten Affekten, deren kumulierte Höhepunkt im Erfolgsfall ein entfesselter Mob und durch diesen befeurte Shitstorms sind.

Das passiert nicht ganz zufällig, denn die Plattformen allen voran Facebook und Twitter treiben diese affektgetriebene Kommunikation oder viel mehr NON-Kommunikation durch ihr Design und ihre Architektur immer weiter voran. In dem sie uns zur Prokastination animieren, quantitative Interaktion durch Likes und Drukos belohnen gestalten sie unsere Sprachkultur massiv mit und leisten gleichzeitig durch die völlige Kommerzialisierung dieser öffentlichen Sphäre einer neuen Form der kulturellen Barbarei Vorschub. [1]

Institut für Moderne Kunst, Nürnberg, 2017

Gleichzeitig werden die digitalen Netzwerke zu einem wichtigen Tool zur Konstruktion von dem was wir als Ich bezeichnen, sowohl nach Innen als auch nach Außen, ich poste also bin ich, diese Erkenntnis ist uns allen schon mal gekommen. 

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Facefilter

Gesichtfilter-Apps hatte ich dato aus künstlerischer Perspektive eher nicht so auf dem Schirm. Ein Tweet letzte Woche mit Hinweis auf die neue Onlinegalerie des digital3mpire sollte das ändern, denn dieser entwickelte sich etwas unerwartet in einen twitter-Chat mit Philipp Meier über Gesichtsfilter und Autorschaft.
Zum Einstig der Tweet des Anstoßes:

Worauf Philipp dann in etwa wie folgt reagierte …

philipp meier @metamythos yeppo. habs gelesen. insbesondere gesichtsfilter gehen stark in diese richtung. vielleicht (noch) nicht (sehr) politisch. aber: diese community ist spannend, global. ein‘e kreateur‘in verliert quasi die hoheit übers werk; das sich die user‘innen effektiv zu eigen machen.

philipp meier @metamythos nach pokemon go ist das DIE speerspitze für die ganze AR-entwicklung. kann dir ansonten ne gesichtsfilter-entwicklerin aus basel empfehlen, die ‚aktivistisch‘ unterwegs ist (hyperlokal)

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„Medusa : floating body“ – Biermann und Kleiner driften mit einer Luftmatratze auf dem Rhein

An die erste Begegnung mit Marco Biermann und Tomas Kleiner erinnere ich mich heute noch. Beim Rundgang durch die Akademie, es muss 2014 oder 2015 gewesen sein, mein Sohn konnte schon laufen war aber noch klein, trafen wir auf eine Performance der beiden im Treppenaufgang der Akademie. Biermann und Kleiner liefen die Treppen auf und ab und wechselten am Ende der Stufen jeweils die Kleider mit einander. Das war lustig und schön an zu schauen, dem damals Jüngsten gefiel es gut, er war fasziniert von dem Schauspiel das sich ihm so gar nicht erschloss und auch bei mir hat es sich fest eingeprägt.

Um so schöner, dass die beiden sich nun Jahre später bei diesem Blog mal wieder melden, um von ihrer neuesten Aktion zu berichten, die nicht minder schön ist, nein im Gegenteil sogar.
Das letzte piece, das um welches es hier geht, ist filigran und monumental zu gleich, sensibel und zerbrechlich aber eben auch äußerst gelassen und entspaant. Es ist performative Kunst in bester Tradition der Situationisten, was mir natürlich äußerst gut gefällt, und wohl auch etwas, das zu selten geworden ist in der aufgepeitschten und zunehmend radikalisierten Metamoderne.
Aber ich will hier gar nicht all zu viel verraten, denn lest doch bitte einfach selber was die Beiden zu erzählen haben. Den Einstieg machen wir mit einem Augenzeugenbericht von Robert Fleck, dem ehemaliger Intendant der Bundeskunsthalle Bonn, Professor an der Kunstakedemie Düsseldorf und Leiter der Akademie Galerie Düsseldorf.

„Medusa : floating body‘ – Augenzeugenbericht, Robert Fleck

Am letzten Tag der Ausstellung „Polke und die Folgen. Neuerwerbungen I. Absolventen 1965-2018“ in der Akademie-Galerie / Die Neue Sammlung der Kunstakademie Düsseldorf legte sich um 8 Uhr Morgen Marco Biermann am linken Rheinufer an der Kniebrücke auf das Floss, das er im gemeinsamen ‚Atelier in der Ausstellung‘ mit Tomas Kleiner konzipiert hatte. Er paddelte mit den Armen in die Strömung des Rhein, um sich anschließend bis zum Einbruch der Dunkelheit – abwechselnd mit Tomas Kleiner, der zu Beginn in einem der beiden Begleitboote der Deutschen Wasserrettung Platz genommen hatte – auf dem Wasser des Rhein treiben zu lassen.
Bei der Abfahrt waren nur zwei externe Gäste zugegen, Tomas Kleiners Freundin und der Autor dieser Zeilen. Sehr bewusst fand die Performance ohne Publikum und Presse statt.
Als der Künstler die Hauptströmung des Rhein erreicht hatte, fand er sich mit seinem Floß in ein schwereloses Gleiten versetzt, dem potentielle Unendlichkeit eignete. Sein Verschwinden am Horizont rief die Erinnerung an das berühmte Foto von Bas Jan Ader bei der Abreise im Segelboot von
der niederländischen Küste ohne Zielpunkt wach. Das angesichts der Wasserfläche des Rhein und der Größe der Fracht- und Passagierschiffe auf dem Rhein winzige rote Floß mit dem Künstler erschien zugleich als Synonym für den Eigenwillen und die Selbstbehauptung der Kunst angesichts
von Zivilisation und Natur.
Beide Künstler trugen professionelle Sicherheitsschwimmwesten, wie auch Joseph Beuys bei seiner Rheinüberquerung im Einbaumboot nach seiner Entlassung aus der Kunstakademie Düsseldorf 1972.
Text: Robert Fleck

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Götz Schramm ‚copy and paste‘

Memes sind ein Phänomen unserer Zeit und als Teil der Remixkultur zitieren sie alles, was sich irgendwie im Internet darstellen lässt, was in aktuellen Debatten vor allem Urheberrechtsfragen aufwirft. Der Künstler Götz Schramm hat sich dem Thema in seinem letzten Bildzyklus malerisch angenähert, die daraus entstandenen Arbeiten war vom 17.05.2019 – 20.06.2019 unter dem Titel copy and paste in der Galerie Anton Janizewski in Berlin-Charlottenburg zu sehen. Ich habe mich mit dem Mann über diese Ausstellung und Memes unterhalten.

installation view of Götz Schramms solo show COPY AND PASTE at Galerie Anton Janizewski Berlin Photo: Sascha Herrmann

FK: Die wichtigste Frage zu erst: sind memes Kunst ja oder nein?

GS: Grundsätzlich ja. Aber natürlich gibt es von Kunst viele und keine endgültige Definition.

FK: Warum hälst Du sie für Kunst?

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Photon Icon – Start des Darktaxa-Projekts

Photon Icon ist der Titel der aktuellen Show in der Galerie Falko Alexander in Köln und zu sehen bis Ende Juni 2019. Die Ausstellung ist Teil des langfristig angelegten und von Michael Reisch initiierten darktaxa Projekts.
Ich habe mich mit Michal über das gesamte Projekt und die Show unterhalten.

FK: Was war der Anlass der Ausstellung? Wie kam es zu dem Projekt?

MR: Das Ganze nennt sich darktaxa-Projekt, und die Ausstellung Photon | Icon ist offizieller Start dieser größer angelegten Sache, siehe auch darktaxa-project.net im Netz. Dort bringe ich befreundete aber auch eigens angefragte KünstlerInnen, sowie TheoretikerInnen, Galerien und Institutionen zusammen, die sich genau wie ich im Bereich Digital Imaging und „Fotografie“ bewegen oder sich dafür interessieren. Ich habe Falko Alexander dann einen Vorschlag für eine gemeinsam kuratierte Ausstellung gemacht, die im Mai 2019 realisiert worden ist.

FK: Wieso machst Du das gerade zum jetzigen Zeitpunkt?

MR: Zur Motivation muss man sagen, dass es aus meiner Sicht auf diesem Gebiet, obwohl es hochaktuell ist, eine Art von signifikanter Leerstelle gibt. Auf theoretischer Seite ist zwar sehr viel Erhellendes über diese Schnittstelle „Fotografie“ – Digitalität gesagt worden, jedoch geht es da sehr oft um „Fotografie“ im allgemeinen Gebrauch. Gleichzeitig sind auf KünstlerInnenseite eine bemerkenswerte Anzahl konzentrierter und substanzieller Werkkomplexe zur Digital-Imaging – „Fotografie“-Thematik entstanden, und niemand scheint genau zu wissen, wie damit umgegangen werden soll. Das wird nicht als „Fotografie“ gesehen, da es diese Diskurse auf dem jetzigen Stand sprengt. In die „post-digital“-Schublade passt es irgendwie rein, aber auch nicht so 100-prozentig; ja was ist es dann und wo ist der Platz dafür?

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Alex Nowak – Animal Dictionary im Parkhaus

Die aktuelle Show von Alex Nowak im Parkhaus im Malkasten ist leider vergangenes Wochenende schon zu Ende gegangen. Ich habe mich im Nachgang noch mal ganz kurz mit ihm über seine Arbeit unterhalten.

p: Alex bitte ganz kurz vorab zu Dir, wie ist dein Werdegang?

AN: Ich habe einen Bacheor in Philosophie/Kunstgeschichte an der HHU gemacht. Ich habe an der Kunstakademie Düsseldorf von 2011-2017 Freie Kunst (Malerei und Skulptur) studiert. Ein Semester war ich am Royal College of Art in London. Meine Professoren an der Akademie waren Andreas Schulze und Rebecca Warren.

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AWAKENING | DESTRUCTION

Das Künstlerduo bergernissen wurden in den vergangenen Jahren von zwei Katastrophen – eine Überschwemmung und eine Kontamination durch PCB – in ihrem Atelier und Lager überrascht. Jetzt wurden all jene Objekte, die dadurch beschädigt und kontaminiert wurden, in einer rituellen Aktion in der Gemeinde Köln versiegelt und geheilt. Die beschädigten und bis dahin nicht fertig gestellten Werke sind überwiegend im Zuge ihres künstlerischen Werdegangs und während des Studiums an der Kunsthochschule für Medien Köln entstanden und wurden nun, zum performativen Neuanfang, in einer Zeremonie abschließend bearbeitet.

Hierfür haben die beiden die kontaminierten Werke am Eröffnungsabend im ersten Schritt luftdicht verschlossen. In einem zweiten Verfahren haben die Künstlerinnen die Werke und Gegenstände mit Gips umschloßen, der die Objekte somit von der Umwelt trennt und für die Betrachter*innen unschädlich macht. Dieser performative Abschluss der Arbeiten verweist auf die Tatsache, dass einige der künstlerischen Werke erst durch die Kontamination und Zerstörung abgeschlossen sind, andere durch den Vorfall für immer in dem Zustand eines unmöglichen Abschlusses verweilen werden.

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