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Götz Schramm ‚copy and paste‘

Memes sind ein Phänomen unserer Zeit und als Teil der Remixkultur zitieren sie alles, was sich irgendwie im Internet darstellen lässt, was in aktuellen Debatten vor allem Urheberrechtsfragen aufwirft. Der Künstler Götz Schramm hat sich dem Thema in seinem letzten Bildzyklus malerisch angenähert, die daraus entstandenen Arbeiten war vom 17.05.2019 – 20.06.2019 unter dem Titel copy and paste in der Galerie Anton Janizewski in Berlin-Charlottenburg zu sehen. Ich habe mich mit dem Mann über diese Ausstellung und Memes unterhalten.

installation view of Götz Schramms solo show COPY AND PASTE at Galerie Anton Janizewski Berlin Photo: Sascha Herrmann

FK: Die wichtigste Frage zu erst: sind memes Kunst ja oder nein?

GS: Grundsätzlich ja. Aber natürlich gibt es von Kunst viele und keine endgültige Definition.

FK: Warum hälst Du sie für Kunst?

GS: Ich liebe Beuys‘ Gedanken der Sozialen Plastik. Alle Menschen, die ihre kreative Kraft nutzen, tragen so zum unvorstellbar großen Kunstwerk der Menschheit bei. In diesem Sinn sind natürlich schon mal sehr viele Memes Kunst.
Meine persönliche Definition von Freier Kunst, meinem Beruf also, ist ein Zusammenspiel von Autonomie, einer zweckentbundenen Freiheit also, und einer wie auch immer gearteten ästhetischen Intensität, einer Kraft, die sich aus der Form und der Wahl bzw. dem Umgang mit dem Medium entfaltet. So etwas ähnliches meinte vielleicht auch Beuys mit “kreativer Kraft”. Auf jeden Fall findet man solche autonomen, ästhetisch intensiven Taten und Werke in vielen Bereichen, sehr oft auch in solchen die der professionellen Kunstwelt nicht angehören. Memes sind da ein wunderbares Beispiel.

FK: Ja, exakt, das beobachte ich auch mit großer Faszination. Frage an Dich in diesem Kontext, kannst Du mit der Idee des NON, so wie in diesem Post beschrieben als eventuelles autorloses Gegenmodel zum derzeit vorherrschenden Kunstbegriff etwas anfangen?

GS: Ja, es ist ein sehr interessantes Konzept. Denke ich über Möglichkeiten einer progressiven Kunst nach, stoße ich immer wieder auf die Forderungen der historischen Avantgarden. Kurz gesagt wäre das die Aufhebung der Distanz zwischen Kunst und Leben. Dazu gehörte oft auch das Autorlose. Ich bin zum Beispiel ein großer Fan der Situationistischen Internationalen, vielleicht der letzten historischen Avantgarde. Sie sind letztlich auch in Nichtautorenschaft und die Verschmelzung mit dem Leben (beispielsweise den 68er-Protesten) aufgegangen.
Jetzt, ein halbes Jahrhundert später, mitten im digitalen Zeitalter, finde ich ist NON ein gutes Gegenmodell zu vielen vorherrschenden Kunstbegriffen. NON greift wichtige, zeitlose Gedanken auf und übersetzt sie in die heutige Zeit.

installation view of Götz Schramms solo show COPY AND PASTE at Galerie Anton Janizewski Berlin Photo: Sascha Herrmann
Zeige Deine Wunde, 110 cm x 171 cm, oil on linen, 2019 by Götz Schramm

FK: Memes und Memekultur sind ja sehr stark geprägt von einer Idee einer Nichtautorschaft.
Du hast dir die Motive jetzt als künstlerisches Material zu eigen gemacht und in Dein Werk intergiert. Ist das nicht etwas frech und Hast du nicht bisschen schlechtes Gewissen deswegen?

GS: Ja und nein.

FK: HAHAHA! 🙂 Da hast Du Dich jetzt aber schön aus der Nummer raus gezogen. Aber nun mal Butter bei die Fische bitte. Warum ja und Warum nein.

GS: Ja, es ist sicher frech, aber das finde ich nicht wirklich schlimm. Und ja, ich habe auch wenig ein schlechtes Gewissen, weil ich den Gedanken von der Nichtautorenschaft sehr mag, als Maler jedoch als Autor und Urheber auftrete.

Andererseits hoffe ich gleichzeitig etwas für die Memekultur zu tun. Es geht in meiner Arbeit oft um die Dekonstruktion des Künstlerkults und der Autorenschaft. Und zwar nicht nur in den Kollektiven Sorgen (International) und Algoist, sondern auch in der Malerei. Ich will mich gerade durch das Einbeziehen von zum Beispiel Internetphänomenen in das etablierte, alte Medium der Malerei, auch für Gedanken wie die Nichtautorenschaft einsetzen.

Doggo, 40 cm x 50 cm, oil on linen, 2019 by Götz Schramm

FK: Die Arbeiten die Du in der Show copy & paste päsentiert hast unterscheiden sich sowohl ästhetisch als auch konzeptuell relativ stark von Deinen vorherigen Arbeiten und Serien? Wie kam es dazu?

GS: Ich liebe es frei in der Themen- und Medienwahl zu sein. Daher auch die Freude an den KünstlerInnenkollektiven, in denen ich beispielsweise auch mit ProgrammiererInnen
zusammenarbeiten kann. Als KünstlerIn kannst Du anders als in einem handwerklichen, verwaltenden oder wissenschaftlichen Beruf letztlich alle Interessen einfließen lassen. Auch unter meinen älteren Werkgruppen gibt es bereits große Unterschiede. Sie alle verband aber ein starker Materialfetischismus (extrem spiegelnde Oberfläche aus unzähligen Lasuren und Harzschichten, Metalliclacke, irisierende Farben, Blattgold etc.). Die visuelle Haptik wird in den Memebildern einzig durch Ölfarbe auf der Leinwand erzeugt. Das ist eine formale Einschränkung. Sie ermöglicht mir aber auch Dinge, die ich so vorher nicht machen konnte. Zum Beispiel kann ich jetzt viel einfacher eine größere Anzahl an Motiven darstellen. Begonnen die neuen Bilder zu entwickeln, habe ich auf einer Residency Ende 2017 in Italien. Ich war auf der Suche nach etwas Neuem und das hat sich dann teils auch ganz pragmatisch ergeben, da für rund 20 Harzschichten beispielsweise gar keine Zeit gewesen wäre.

FK: Hast du ein oder mehrer Lieblingsmemes?

GS: Ja, die original Doge-Memes mit dem Shiba Inu Kabosu und seinen inneren Monologen. Neben Tiercontent liebe ich aber auch Classic-Art-Memes abgöttisch.

FK: Hast Du eventuell ein BSP zum verlinken zb im Netz?

GS: Ja, hier z.B.: https://imgur.com/gallery/9S4L7

Oder hier: https://9gag.com/gag/adLZ0KZ

FK: Es scheint als kämen derzeit die stärksten Memes aus dem Umfeld von alt-right und als würde sich das Meme ‘the left cant meme’ bewahrheiten. Kannst du das bestätigen?

GS: Ja, das stimmt leider zu großen Teilen. Aber, deshalb sollte man gerade dagegenhalten.

FK: Wie erklärst du dir das?

GS: Es ist letztlich keine Frage der größeren Kreativität, sondern der Zielgerichtetheit. Linke Denkende neigen seit jeher zu erhöhter Skepsis und Kritik (was zu großen Teilen natürlich gut ist). Obwohl es viel mehr Menschen gibt die eine pluralistische, humanistische und progressive, Gesellschaft wollen, schaffen sie es in der Regel schwerer sich zusammen zu schließen.
Das macht sich die Rechte zunutze und startet strategisch extrem gut geplante Angriffe. Trolls sind da ein gutes Beispiel.
Ich denke, dass ist nicht der richtige Weg. Wir sollten das nicht nachahmen und selbst versuchen andere zu manipulieren. Aber es wäre gut sich mehr politisch zu engagieren. Wir als Millennials und teils auch unsere Vorgänger, die Generation X, haben da vielleicht ein paar Sachen verpasst. Ich hoffe sehr, dass das bei der gerade ins Wahlalter eintretenden Generation Z anders wird. So etwas wie Fridays for Future macht mir Hoffnung, dass eine neue starke Jugendbewegung wie 68 möglich ist.

FK: Hast du selber auch original memes raus gehauen?

GS: Ja, ein paar image macros, ein paar gifs und ein Stickerset für Telegram.

FK: Sehr schön! Das telegram Stickerset hätte ich glaube ich gerne. Wie bekomme ich das?

GS: Das müsste über diesen link funktionieren: https://t.me/addstickers/overlyoptimisticole

installation view of Götz Schramms solo show COPY AND PASTE at Galerie Anton Janizewski Berlin Photo: Sascha Herrmann
installation view of Götz Schramms solo show COPY AND PASTE at Galerie Anton Janizewski Berlin Photo: Sascha Herrmann
Cat, 40 cm x 50 cm, oil on linen, 2019 by Götz Schramm

FK: Wie geht’s weiter bei dir und deiner Arbeit? Kannst du dazu schon was sagen?

GS: Ja, ich habe große Freude an der neuen Art zu malen und am Thema Memes. Es entstehen gerade neue Leinwände für die Serie. Caravaggio ist zum Beispiel dabei, aber auch einige Bekannte aus der Kawaii-Kultur.
In die gleiche Richtung entstehen ein paar Zeichnungen und Drucke.
Und ich plane noch ein, hauptsächlich aus Gifs bestehendes, Video.

FK: Klingt gut. Bitte halte uns auf dem laufenden und Danke Dir dass Du Dir die Zeit für diesen Chat genommen hast. Alles Gute und auf Bald!

Weitere Infos unter:
https://www.goetzschramm.com/
http://antonjanizewski.com/