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Back from Japan in der HPZ-Stiftung

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

Mit der Eröffnung der Ausstellung „Back from Japan“ scheint Con-Sum endgültig gestorben zu sein – auch wenn es noch eine Weile dauern wird, bis die Düsseldorfer sich an den neuen Namen gewöhnen. Die Lokalität an der Ronsdorferstraße, die einige legendäre künstlerische Aktionen und Projekte beherbergte, ist vielen in der Stadt noch bekannt. Auf Initiative ihres Inhabers Hans Peter Zimmer wurde  dort in den 80er  Jahren eine ehemalige Backfabrik in ein pulsierendes Zentrum für Kultur umgebaut. Unter dem Namen Con-Sum wurden ca. 70 Musikstudios sowie zahlreiche Künstlerateliers und Arbeitsräume für Architekten, Modemacher und Fotografen eingerichtet. Nach dem Tod von Zimmer (der die Gefahr der Gentrifizierung an diesem Standort vorausgesehen hatte und die geschichtsträchtige Substanz  sowie die kulturelle Vielfalt des Hofes aufrecht erhalten wollte), wurde auf seinen Wunsch hin die Hans Peter Zimmer-Stiftung gegründet.

Seit wenigen Monaten hat die Institution ihre offizielle Arbeit  aufgenommen und konzentriert sich zunächst auf die Sparten Bildende und Darstellende Kunst. Mit dem Künstler Wolfgang Schäfer an ihrer Spitze wurden bereits manche Weichen gestellt. So wird anstatt eines Zweckes (wie bei jeder Stiftung üblich) eine „Mission“ kommuniziert, und diese liegt in der „Gewissheit eines uns alle verbindenden universellen geistigen Potentials“ – eine in der gegenwärtigen Kunstwelt unübliche Selbstdefinierung. Wer übrigens bei dem Begriff „Mission“ an den wenig glorreichen Ausweitungsdrang des Christentums denkt, wird möglicherweise an dem benannten „universellen geistigen Potential“ zweifeln. Mit dieser Einstellung sticht jedenfalls die HPZ-Stiftung aus der dichten Düsseldorfer Kunstszene heraus und behauptet so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal.

Katja Stuke
Katja Stuke

Weil die Stiftung noch nicht vollständig gewachsen und in erster Linie von der Persönlichkeit von Wolfgang Schäfer geprägt ist, steht sie unter dem Einfluss des Künstlers. Letzterer macht ein Programm aus seinen persönlichen Vorlieben und drückt seinen Stempel auf  die Institution. Genauso verhält sich übrigens jeder künstlerische Leiter eines kleinen bis mittelgroßen Hauses; daran ist nichts auszusetzen. Die starke subjektive Bindung der HPZ-Stiftung an Schäfer (und vice-versa) erklärt jedenfalls die Themenwahl von Back from Japan: Da kehrt der Japan-begeisterte Schäfer aus dem Land der aufgehenden Sonne zurück und, noch unter dem Eindruck der dortigen Kultur, bringt in Düsseldorf einige japanische und deutsche (deutsche, aber japanophile) Künstler zusammen.

Yasutake Iwana
Yasutake Iwana
Im Zimmer von Yasutake Iwana

Dabei ist diese sehr persönliche deutsch-japanische Brücke längst nicht alles: Mit der Veranstaltung wurde vor allem ein wichtiger Bestandteil der Stiftung eingeweiht. Nach einer lange Phase des Umbaus wurden nämlich sieben Gästezimmer offiziell eröffnet. Diese stehen künftig für eingeladene Künstler zur Verfügung, die ihre Arbeit in der HPZ-Stiftung realisieren sollen. Der intelligente und nüchterne Umgang des Architekten – Jochen Weyer – mit dem Raum wurde an dem Abend genauso goutiert wie die Kunst selbst.

Die Präsentation der Wohn- und Arbeitsräume wurde dabei geschickt inszeniert. Anstatt einer platten Wohnungsbesichtigung, transferierte Schäfer die Ausstellung (die er gut in einem der geräumigen Säle des Komplexes hätte unterbringen können) in die Gästestudios. So ergaben sich sieben heterogene Zellen, die zwar in keinen Dialog traten (die unbedingte Dialogsuche kann auch lästig werden), dafür aber wie geschlossene, dichte Einheiten wirkten. Der Korridor wurde von einer Porträtgalerie von Oliver Sieber bespielt. Jenseits aller Klischees zur uniformierten japanischen Gesellschaft, fing er das Gesicht der japanischen Alternative ein und und verewigte seriell Rockabillies, Punks, Hardcore, Emos, etc, vor einem neutralen Hintergrund. Menschen, die keineswegs „japanisch-typisch“ wirken und eher an westlich geprägten Subkultur-Stile orientiert sind.

Oliver Sieber

In seinem Zimmer tobte Hiroyuki Murase mit seinen Freunden aus Osaka. Bei Letzteren handelt es sich um die Performancegruppe Shinaikankei, die übrigens nicht leibhaftig anwesend war, sondern  als riesiges lärmproduzierendes Bild im Hintergrund agierte – per Skype-Übertragung. Interkontinentaler Rausch, elektronische Ekstase und schön-schmerzhafte Verzerrungen. An der Decke drehte sich zwar eine Schlaufe aus kleinen Spiegeln wie eine Discokugel, getanzt wurde nicht – gehangen aber auch nicht.

Hiroyuki Murase im Skype-Kontakt mit Shinaikankei; oben: Taka Kagitomi

Der Strang war übrigens eine Arbeit von Taka Kagitomi, der ein paar Zimmer weiter sein wunderbares Bett-Klavier installiert hatte. Der Künstler hatte in einem eigenartigen Montage Bestandteile eines Bettes und eines Klaviers verkoppelt und damit eine Liegefläche kreiert, die Klangvibrationen körperlich spürbar machte. Die Demonstration seines Objektes wurde zu einem Mini-Fluxus-Event.

Taka Kagitomi

Das Zimmer von Thomas Neumann wurde als Gästezimmer des Gasten verwendet. Neumann war kurz vor Ausstellungsbeginn nach Japan gereist und hatte vier Beiträge von Künstlern, die er vor Ort kennen gelernt hatte in seinen Koffern mitgebracht. Neumann präsentierte selbst eine während seinem Aufenthalt enstandene Arbeit.

Im Zimmer von Thomas Neumann
Thomas Neumann

Mit ihren gestrickten Objekten an en Wänden, dem auf dem Boden liegenden Leuchtkörper und den vielen, kleinen Ton-Kugeln, die sie an einer Wand und in einem Regal des Zimmers angebracht hatte, ging Isabella Fürnkäs am ehsten auf die heimelige und private Raumsituation ein. Auch wenn die Gursky-Schülerin in Düsseldorf wohnt und nur einen mäßigen Gebrauch des Zimmers gemacht hat, gaben ihre intimen und sehr persönlichen Stücke den Eindruck, vor Ort entstanden zu sein und in Gespräch mit den räumlichen Beschaffenheiten zu treten.

Isabella Fürnkäs
Isabella Fürnkäs
Isabella Fürnkäs

Dass die japan-fixierte Ausstellung am 10.3. eröffnet wurde – ein Tag vor dem ersten traurigen Jubiläumstag des großen Erdbebens und der Tsunami-Flut – ist natürlich kein Zufall. In Gedenken an die Opfer der vielfachen Katastrophe, eröffneten Wolfgang Schäfer, Tomoko Tezuka und Yuki den Abend mit einer kurzen und konzentrierten Performance. Barfüssig und kopfbedeckt erschienen sie aus dem Hof in dem abgedunkelten Treppenhaus und Korridor des Gästetrakts. Langsam tanzend, bedächtig, die Augen geschlossen und eine Rose in der Hand, die sie vor sich trugen, als ob es sich um eine Gabe handeln würde, schritten die drei Performer vom Außenbereich bis zum Herz („zum Kern“ wäre hier unangebracht) der Gästestudios, eine Welle des respektvollen Schweigens auflösend. Ein Auftakt voller demütiger und poetischer Zurückhaltung, ohne unnötigen Pathos und Theatralität.

Back from Japan
in der Hans Peter Zimmer-Stiftung
Ronsdorferstr. 77a
Ausstellung v. 11. – 30. März
Öffnungszeiten Do-So 14-18 Uhr