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Cage-Performance in der Kunstakademie Düsseldorf

Im September 2012 wäre John Cage 100 Jahre alt geworden. Der Komponist, der eine Schlüsselrolle in der Entwicklung der Neuen Musik gespielt hat, wirkte im Kreis der Fluxus-Bewegung und war eng befreundet mit Joseph Beuys und Nam June Paik, beide Professoren der Kunstakademie. Einige seiner Stücke wurden Zeit seines Lebens in Düsseldorf aufgeführt und so ist es nur konsequent, dass im Rahmen dieses Jubiläums eine verstärkte Beschäftigung mit seinem Werk in dieser Stadt stattfindet.

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)
Fotos: Sirin Simsek


Vor den drei Konzert-Performances, die im November dieses Jahres noch aufgeführt werden, gab es während des Rundgangs der Düsseldorfer Kunstakademie ein kleines Vorspiel, dirigiert von Roland Techet, Kapellmeister an der hiesigen Oper, und gespielt von ca. 10 Akademie-Studenten. Das Stück wurde am 12.2. in der Aula präsentiert und hat manche Nostalgiker an die glorreichen Stunden des Hauses in den 1970er Jahren erinnert, als Paik, Beuys oder Vostell auf der Bühne standen…


Wie Herbert Willems, Assistent von Tony Cragg in der Kunstakademie und aktiver Performance-Teilnehmer, erzählte, begann die Aufführung mit einer Aktion, in der alle Solisten Steine auf dem Fußboden rieben. Zehn Minuten lang. Nach dieser Einleitung hatte bereits eine natürliche Auslese stattgefunden; die Hälfte des Publikums hatte den Saal verlassen und suchte eine seichtere Unterhaltung woanders. In der Folge wurden unterschiedliche Bewegungsabläufe nach einem bestimmten, für den Zuschauer nicht nachvollziehbaren Takt, gespielt. Mehr oder minder kurze, immer abgeschlossene Gesten wurden von den Solisten „vorgetragen“; eine Bohrmaschine, ein Trommelfell und diverse Utensilien kamen dabei ins Spiel. Nach der Anweisung von Roland Techet sollte aus dem Gesamtstück weder Harmonie noch repetitive Struktur zu erkennen sein.


Zwischen den jeweiligen Solisten- oder Gruppenauftritten wurde noch Wassermusik (also: die Aufnahme von Wassergeräuschen) aufgeführt und Techet spielte noch vier Klavierstücke, begleitet von Videos der Studenten. Zum Schluss der 50-minutigen Performance wurden Öl und Wasser als Klangerzeuger eingesetzt und das Publikum beim Geräusch von geriebenen Steinen auf dem Boden entlassen.


Dieser Performance vorausgegangen war ein Workshop, bei dem Techet die Teilnehmer in die Kunst der Komposition kurz einführte und dabei die besondere Herangehensweise von John Cage verdeutlichte. Das Stück, das aus dem Songbook entnommen ist, besteht nämlich aus einer Zahlenreihe, die zwar einen Rhythmus vorgibt, aber den Inhalt der Aufführung vollständig frei lässt. Die während des Stücks variierten Gesten und Bewegungen sowie die Instrumentenwahl wurden von den jeweiligen Solisten selbst festgelegt. Diese kontrollierte Freiheit (wie gesagt: der Takt war vorgegeben) konfrontierte sowohl Publikum als auch Performer mit der plastischen Qualität von Gesten, mit der Interdependenz von Bestimmung und Zufall und mit dem Konzept der Leere oder der Stille, das in den Kompositionen von John Cage eine so große Bedeutung bekam.