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Cineorama im Malkasten

von Emmanuel Mir (Düsseldorf)

 

Die Idee ist zwei Jahre alt. Weil ihre Umsetzung aber doch nicht ganz simpel war, brauchte sie ein wenig Zeit um konkret zu werden. Diese Idee war, selten gezeigte Kunstfilme in einer eigens konzipierten Architektur mitten im Malkasten-Park zu präsentieren und, abseits des üblichen, düsteren Vorführungsraums, ein Filmfestival mit bukolischem Charakter und diskursiver Struktur zu kreieren. Initiatorin und hauptsächliche Antriebskraft des Projektes ist die Bildhauerin Erika Hock, über deren Arbeit wir hier bereits berichtet haben. Hock, die in ihren letzten Arbeiten dem Design und der Architektur immer näher kam – zunächst als Zitat und nun als autonome Eigenkreation – hat für das Cineorama ein hölzernes Modul konzipiert, das Raum für 30 bis 40 Personen bietet. Die offene aber bedachte Struktur, überzogen von einer elegant-rustikalen Bastoberfläche, artikuliert sich in zwei Momente: die Zuschauertribüne einerseits und ein Unterschlupf hinter der Projektionsfläche – der sich bei der gewitterigen Premiere am 22. Juni als besonders heilbringend erwies.

 

Trotz seiner schlichten, linearen Erscheinung war der Bau des Pavillons eine wahre Herausforderung für die Bildhauerin, die sie nicht ohne die kompetente Hilfe von Jürgen Findeisen hätte meistern können. Die begehbare Skulptur ist ein schönes Objekt geworden und integriert sich im Malkasten-Park perfekt. Aus praktischer Sicht könnte man einwenden, dass ein etwas größerer Entwurf durchaus angebracht gewesen wäre (viele Zuschauer müssen stehen und können die Projektionsfläche nur mäßig wahrnehmen); allerdings würde ein großes Objekt nur noch funktional wirken und, in diesem besonderen Fall, an skulpturaler Qualität einbüßen.

 

Hocks Metareflexion über die angewandte oder zweckfreie Funktion von Kunst, über den Status des künstlerischen Objektes und dessen Verhältnisse mit dem umgebenden Raum scheint sich auf neuen Komplexen geöffnet zu haben. Nun rückt sie die Beziehung Künstler-Kurator in den Mittelpunkt und, den Spieß umdrehend, lädt den Filmwissenschaftler und Kunsthistoriker Philipp Fürnkäs zur Gestaltung des Filmprogramms ein – die Kooperation als Arbeitsmodus bildet eine Konstante Hocks Ansatzes. Fürnkäs, derweil wissenschaftlicher Mitarbeiter von Julia Stoschek, hat zusammen mit der Künstlerin eine Reihe konzipiert, in der sich klassische Filmformate mit Lecture-Performances oder Arbeitspräsentationen abwechseln sollen. Das  Programm dreht sich dabei hauptsächlich um die Wahrnehmung von Architektur, bzw. von Urbanität.

Es ist in der Tat erstaunlich, wie viele junge bis mittelreife Künstler sich gegenwärtig mit dem Bild und der Funktion unserer Städte auseinandersetzen oder aber ihre Faszination für Bauwerke der Moderne (mehr oder minder) kritisch reflektieren. So fließen – in welcher Form auch immer – avantgardistische Architekturikonen und utopische Stadtentwürfe in das Forschungs- und Überlegungsfeld zahlreicher bildender Künstler, die, je nach Temperament und Ansatz, das Haus als künstlerisches Statement oder die Stadt als politisches Proposal verstehen.

 

Soweit wir es bisher urteilen können, erwies sich Fürnkäs und Hocks Wahl als präzise und konsequent. Die Fixierung auf Architekturthemen ist geradlinig; der Rahmen angemessen. Das Format der Veranstaltung ist klassisch (und richtig), die Filme werden von den Künstlern und von dem Veranstalterpaar selbst präsentiert und später vom Publikum kommentiert. Prinzipiell ist diese Saison-Veranstaltung eine unheimliche Bereicherung der Düsseldorfer Filmszene, worüber wir (wir Düsseldorfer) nur dankbar sein können. Was bei der Premiere ein wenig fehlte war der Geist der Unbekümmertheit, der an diesem Ort so deutlich berufen wurde. Die Anstrengungen der letzten Aufbautage waren bei den Organisatoren deutlich zu sehen, und trotz der charmanten Umgebung und der Ungezwungenheit des Gesamtkonzeptes, war ein Hauch von Anspannung zu spüren. Dies legte sich jedoch bei den folgenden Vorführungen.

 

Cineorama
jeden Donnerstag ab 20 Uhr
Jacobistr. 6, 40211 Düsseldorf
 
Kommende Programmpunkte sind geplant:
 
02.08 Filme von / Films by HEINZ EMIGHOLZ (Berlin) *1948
Maillarts Brücken (D 2001) 24‘
Zwei Projekte von Friedrich Kiesler (A/D 2006) 16‘
Einführung von / introduced by Philipp Fürnkäs

 

09.08 TOBIAS PUTRIH (Ljubljana/New York) *1972
Vortrag / Lecture: Cinema Projects 2007 – 2011
Im Gespräch mit / in conversation with Erika Hock
gefolgt von der Vorführung von / followed by the screening of
Golem, Paul Wegener (D 1920) 87‘

 

16.08 CORINNA SCHNITT (Braunschweig) *1964 zeigt / showing:
Das schlafende Mädchen (NL 2001) 8‘
Das nächste Mal (D 2003) 6‘
Living a Beautiful Live (USA 2003) 13‘
Tee trinken (D 2012) 15‘
Im Gespräch mit / in conversation with Philipp Fürnkäs